Demon Slayer: Kimetsu no Yaiba Infinity Castle - Teil 1
Demon SlayerVon Haruo Sotozaki Das Echo auf heiß erwartete Medienereignisse wie „Demon Slayer: Kimetsu no Yaiba Infinity Castle - Teil 1“ hat eine Besonderheit, ich möchte von einem Nachteil sprechen. Solche Filme werden von ihrer Blase bedingungslos abgefiert, während ringsum Ratlosigkeit oder Desinteresse herrschen. Das bedeutet, dass einer der angesagtesten Beiträge der beginnenden Herbstsaison sich jeder kritischen Analyse entzieht. Selbst der Berliner Werbechef von Sony, der den Film dieser Tage vorab in der Hauptstadt präsentierte, stand dem Produkt erkennbar hilflos gegenüber, wie wir gleich erfahren werden. In diese entsetzliche Lücke will der heutige Podcast hineinhüpfen. Da ich selbst nicht zu den sattelfesten Dämonenjägern gehöre, will ich den Blick von außen übernehmen. Für die Innenansicht habe ich mir zwei Kenner der japanischen Popkultur dazugeholt. Ich begrüße zum Gespräch meinen Redakteur für Soziales Ronny Fanta und den Autor, Sprecher und Humoristen Viktor Hacker. Im Japan der Taisho-Ära. Der junge Tanjirō muss erleben, dass ein bösartiger Dämon seine geliebte Familie tötet. Nur er und seine kleine Schwester Nezuko überleben, doch Nezuko verwandelt sich durch den Angriff selbst in einen Dämon. Getrieben von dem Wunsch, diesen Fluch zu bannen, schließt sich Tanjirō einer Gruppe von Dämonenjägern an, dem Demon Slayer Corps. Er will sich zu einem Hashira ausbilden lassen, dem ranghöchsten Dämonenjäger, um Rache zu üben und seine Schwester zu retten. Gefährliche Missionen erwarten ihn, bis der finale Kampf zwischen Dämonenjägern und Dämonen entbrennt.Im Artikel eines Kulturteils wurde kürzlich zusammengefasst, wie Filme aus der Zeit vor der Jahrtausendwende auf heutige Zuschauer wirken: „Mein Gott, wie lang das dauert! Und wie alt das ist! Das Frauenbild, das Männerbild, das ewige Standbild!“ Umgekehrt wirkt auf erfahrenere Filmfans fast alles Heutige wie das andere Extrem. Insofern ist „Demon Slayer“ ein sehr typisches Produkt auf der Höhe unserer Zeit. Er ist kein einzelner Film, er repräsentiert ein Kulturphänomen. Und wie in gewissen Systemen der Einzelne nichts ist und nur die Masse zählt, ist heute ein Abend im Kino nichts, wenn er sich nicht in ein großes multimediales Konzept einfügt, das auf Jahre angelegt ist. Man braucht Vorwissen, also die Kenntnis der Manga-Reihe und der Anime-Fernsehserie „Demon Slayer“. Dies ist der erste von drei Filmen, die die Fernsehserie abschließen sollen. Für einen spontanen Betrachter ist die erste Stunde ein einziges Schlachtgetümmel, dem eine Handlung nicht anzumerken ist und deren Kombattanten sich ebensowenig auseinanderhalten lassen wie ihre Motivationen. Freund und Feind rasen durch ein an M. C. Escher geschultes Labyrinth aus unzähligen identischen Architekturbausteinen, das titelgebende „Infinity Castle“, das „unendliche Schloss“. Der zweite Teil / der zweite Akt erzählt die an sich abendfüllende Geschichte eines der drei Gegner des Abends: des Elitekämpfers Akazar. Wie sich das im Kino der Gegenwart gehört, darf er nicht einfach böse sein, und so wird seine tragische Biographie aus- und aufgerollt. Akazar ist selbst ein Opfer barbarischer Vorgänge, die den Heimsuchungen und Motiven Tanjirōs genau gleichen. Der Rest des Films erzählt, wie Akazar nach seiner Enthauptung wieder und wieder die Oberhand gewinnt und ebensooft von den Kämpfern des Corps‘ niedergerungen wird. An ein tatsächliches Finale mag man nicht glauben, angesichts der Zuverlässigkeit, mit der jeder abgeschlagene Körperteil nachwächst, jeder und jede Tote wieder aufsteht, jeder Fluch sich wieder auflöst, um einem neuen Platz zu machen. Das Happy End – einst ein Wesensmerkmal des Kinos an sich – ist abgeschafft. Denn dann wäre ja auch das jeweilige Franchise am Ende. Der Begriff „Infinity Castle“ ist treffend. Wer dort war, ahnt, was Aussichtslosigkeit bedeutet. Und bei allem Tempo könnte man auf den Gedanken kommen, auf der Stelle zu treten.