Was wäre, wenn Jesus das Down-Syndrom gehabt hätte? Und wie wäre Gott, wenn er in einem mundgesteuerten Rollstuhl sässe? Die «Theologie der Behinderung» wechselt die Perspektive und denkt Gott verletzlich.
Sarah Staub hat eine Erbkrankheit, durch die sie viele Schmerzen hat. Als sie die Diagnose erhielt, hat sie sich vertieft mit dem Thema Behinderung befasst und stiess auf das Buch «Der behinderte Gott» von Nancy Eiesland. Es ist zum Standardwerk einer «Theologie der Behinderung» geworden. Eiesland plädiert für neue Symbole, damit Menschen mit Behinderung sich mit der Kirche identifizieren und versöhnen können. Sarah Staub erzählt in «Perspektiven», warum sie die Theologie der Behinderung so hilfreich findet. Warum sie Heilungsgebete problematisch findet. Und weshalb dieser Zugang ihr hilft, wieder an Gott zu glauben.
Erica Brühlmann-Jecklin ist stark geh- und sehbehindert und seit Jahrzehnten aktiv für die Rechte von Menschen mit Beeinträchtigungen. Als Kind erlebte sie, wie ihr Bruder, der eine geistige Behinderung hatte, «klammheimlich» konfirmiert wurde, abseits der Gemeinde. «Da stimmt etwas nicht», dachte sich Erica Brühlmann-Jecklin damals. Und setzte sich zeitlebens für Gerechtigkeit ein. Eine spezielle Theologie der Behinderung bräuchte es dafür aber nicht, sagt sie.
Werner Schüssler hat eine Tochter mit Down-Syndrom. Der Professor für Existenzphilosophie stiess vor vielen Jahren auf Nancy Eieslands Buch «The disabled God». Und er beschloss, es ins Deutsche zu übersetzen. In «Perspektiven» erzählt er von seiner persönlichen Motivation zu so viel nebenberuflichem Effort.
So wie andere Befreiungstheologien Gott arm, queer, of colour oder als Frau denken, denkt die Theologie der Behinderung Gott behindert. Wir fragen nach: Kann man mit Gott alles machen? Und was bringt das?
Autorin: Dorothee Adrian
Erstausstrahlung: Sonntag, 26.02.2023
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Perspektiven
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Langzeit-Nothilfe: Kinder in der Sackgasse?
Wer sich mit einem abgewiesenen Asylgesuch weiterhin in der Schweiz aufhält, erhält Nothilfe, ein paar Franken pro Tag, und ist in sogenannten Rückkehrzentren untergebracht. Gerade für Kinder und Jugendliche, die länger als ein Jahr unter diesen Bedingungen leben, ist dies eine schwierige Situation.
Die Iranerin Firoozeh Myiander kam 2022 in die Schweiz. In ihrer Heimat engagierte sie sich gegen das Regime und floh mit ihrem Mann und Kind hierher. Der Antrag auf Asyl lehnte das Staatssekretariat für Migration SEM ab. Zurück in den Iran können und wollen sie derzeit nicht. Daher lebt die Familie seit mehr als einem Jahr in der Nothilfe, im Rückkehrzentrum Aarwangen im Kanton Bern.
Während den Eltern von Gesetzes wegen eine Arbeitstätigkeit untersagt ist, darf der 11-jährige Sohn die Volksschule besuchen. Doch die Unsicherheit und Angst in der Langzeit-Nothilfe schade der Entwicklung der Kinder und Jugendlichen. Zu diesem Schluss kam vor rund einem Jahr eine Studie, die die Eidgenössische Migrationskommission in Auftrag gegeben hatte. Schweizweit lebten Ende 2024 rund 449 Kinder in der Nothilfe, etwas mehr als die Hälfte bereits länger als drei Jahre.
In «Perspektiven» erzählt Firoozeh Myiander von ihrem Alltag. Der reformierte Pfarrer Daniel Winkler aus Riggisberg berichtet von kirchlichem Engagement rund um die Rückkehrzentren. Und der FDP-Politiker Andreas Hegg aus dem Kanton Bern sagt, warum seiner Einschätzung nach die Behörden bereits genug für abgewiesene Asylsuchende tun.
Autorin: Léa Burger
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Grossmütter gegen Depression? Simbabwes ungewöhnlicher Weg
In Simbabwe gibt es gerade einmal 19 Psychiater – aber mehr als 4000 Grossmütter, geschult in den Grundlagen der Gesprächstherapie. Auf einfachen Holzbänken bieten die «Gogos» niederschwellige Hilfe bei psychischen Problemen an. Kann Psychotherapie so funktionieren?
Dixon Chibanda ist Psychiater in Harare, der Hauptstadt Simbabwes. 2005 erhält er einen Anruf. Es ist die Mutter von Erica, einer seiner Patientinnen. Erica habe sich das Leben genommen.
«Jeder Suizid ist ein Albtraum», sagt Chibanda. Doch dieser traf ihn besonders tief. Ericas Zustand hatte sich seit längerem verschlechtert, und sie hatten vereinbart, dass sie so bald wie möglich zu ihm in die Klinik kommen sollte. In der Zwischenzeit lebte Erica jedoch 200 Kilometer von Harare entfernt.
Reflexartig fragte er die Mutter: «Warum seid ihr nicht wie vereinbart zu mir gekommen?», erinnert sich Chibanda. Die Antwort der Mutter war knapp: «Wir hatten kein Geld für die Busfahrt.»
Ein Satz, der bei Dixon Chibanda nachhallte. «Was ist meine Rolle als Psychiater in einem der ärmsten Länder der Welt?» Chibanda wusste: «Wir müssen Psychotherapie neu denken. Wir müssen die Therapie raus aus den Kliniken und zu den Leuten bringen.»
So entstand die Idee mit den Grossmüttern, die auf einfachen Holzbänken, dem «Friendship-Bench», in ihren jeweiligen Communities Gesprächstherapie anbieten. Wie funktioniert das?
Autorin: Anna Jungen
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28:03
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Pilgern für alle: Warum der Pilgerboom anhält
Wer pilgert, muss nicht katholisch sein. Den Weg zu sich, zurück zur Natur oder auch zu Gott nehmen unterschiedlichste Menschen unter die Füsse. Während der Jakobsweg schon unter «Over-Pilgerism» leidet, bietet die Schweiz noch Orte stiller Einkehr. Ein Besuch beim Bruder Klausen Kaplan in Sachseln.
Nahe der Klause von Niklaus von Flüe wirkt Bruder-Klausen-Kaplan Ernst Fuchs. Er erzählt von der Diversität seiner Gäste und zeigt, wie aus dem einst patriotisch vereinnahmten und stramm katholischen Ranft ein weltoffener Anziehungspunkt für Suchende jeglicher Couleur geworden ist. Bruder Klaus gehöre allen.
Heute kommen auch Sufi-Scheichs, reformierte Pfarrer und Naturreligiöse zu Fuss hierher.
Pilgern, das heisst aber auch Schwitzen, Blasen an den Füssen und sich physisch auspowern, um den Kopf frei zu kriegen. Genau das spricht – anders als viele andere spirituelle und kirchliche Angebote –besonders auch Männer an. Im Gespräch mit Wallfahrtspfarrer Ernst Fuchs ergründen wir den anhaltenden Trend zum Pilgern.
Autorin: Judith Wipfler
Perspektiven aufs Leben. Der wöchentliche Podcast von SRF Kultur rund um Religion, Spiritualität und Ethik. Hier haben Glaube, Zweifel und Hoffnung Platz. Wir erzählen, erklären, debattieren und sinnieren. Immer nah am Menschen und den grossen Fragen auf der Spur.