Sie kämpft für Rechtsstaat und Klimaschutz und schreibt gegen Männer an, die ihr die Welt erklären. Rebecca Solnit ist eine der führenden Intellektuellen der USA. Ihre Bücher und Essays werden weltweit ausgezeichnet. Und das nicht erst seit Beyoncé ihr Kind nach einem Text von ihr benannte.
Als Rebecca Solnit 1980 nach San Francisco kam, empfand sie die Stadt als derart inspirierend, dass sie beschloss zu bleiben. Inzwischen sei ihre Wahlheimat von den Exponenten des Silicon Valley gekapert worden. Die Stadt sei bevölkert von Körpern, deren Geist woanders sei, meist in der virtuellen Welt. Und das mache die Stadt nicht nur weniger lebenswert, sondern auch gefährlich. Es sind solche Beobachtungen, festgehalten in packenden Essays und Zeitungsartikeln, die Rebecca Solnit zu einer der führenden Intellektuellen der USA gemacht haben. Sie schreibt für die britische Tageszeitung «The Guardian», war Herausgeberin des US-amerikanischen Magazins «Harper’s» und setzt sich auch als Aktivistin für Umwelt, - Gender- und Menschenrechtsfragen ein.
Mit Barbara Bleisch spricht Rebecca Solnit über Umweltschutz und Feminismus, warum gesellschaftliche Veränderung wie ein Pilz funktioniert und weshalb sie sich oft fühlt wie eine Schildkröte auf einer Party von Eintagsfliegen.
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59:54
Schwingen und der Trend zur Tradition
Die Schweizer Nationalsportart Schwingen boomt seit Jahren. Tradition vermischt sich mit Kommerz. Und überall lauert die Politik. Doch wofür steht das Schwingen wirklich? Und wo bleiben die Frauen? Ein Gespräch mit der vierfachen Schwingerkönigin Sonia Kälin und dem Historiker Linus Schöpfer.
Im Rahmen des Schwingfestes auf dem Stoss, dem «Stoss-Schwinget», blickt die Sendung «Sternstunde Philosophie» hinter die Kulissen der Schweizer Traditions- und Trendsportart.
Yves Bossart spricht mit der Ex-Schwingerin und Moderatorin Sonia Kälin und dem Historiker und Journalisten Linus Schöpfer über die Geschichte des Schwingens, über die Rolle der Frauen und über politische Interessen. Denn Schwingen war immer schon mehr als bloss Schwingen: Im Sägemehl geht es nicht nur um Kraft und Technik, sondern um Schweizer Identität, um Werte, Wehrhaftigkeit, Tradition und Politik. Und mittlerweile auch um viel Geld.
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58:28
Die Macht der Gefühle – von Angst bis Zorn
Gefühle bestimmen den Alltag, aber auch das Weltgeschehen: Die einen haben Angst vor der Zukunft, andere treibt der Hass in den Krieg. Worin besteht die Macht von Gefühlen? Und wie sollen wir mit ihnen umgehen? Darüber spricht Yves Bossart mit dem Philosophen Dominik Perler.
Angst vor der Klimakrise, Wut auf die Eliten, Hass gegenüber Fremden. Gefühle machen Politik. Und sie lenken uns Menschen im Alltag, oft unbemerkt. Darum sollte man auf sie achten, aber Gefühle sollten nicht das letzte Wort haben, meint der Philosoph Dominik Perler, Professor an der Humboldt-Universität zu Berlin.
Im Gespräch mit Yves Bossart erklärt er, warum die evolutionäre Angst vor Schlangen heute noch hilfreich ist, auch wenn man eher Angst vor Zucker, Fett oder vor Social Media haben sollte. Und er zeigt auf, was Gefühle über uns Menschen verraten, wie Verstand und Gefühl zusammenhängen und warum Liebesbeziehungen zu KI-Avataren problematisch sind.
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1:00:03
Paul Lynch – Schreiben in finsteren Zeiten
Eine Familie im Strudel von Willkür, Machtmissbrauch und Totalitarismus. Mit diesem Plot gewann der Ire Paul Lynch den Booker Prize, den wichtigsten Preis für englischsprachige Literatur. Mit Olivia Röllin spricht der Autor von «Prophet Song» über Empathie, Meditation und die Kraft von Geschichten.
Als Paul Lynch sein neustes Buch schrieb, dachte er, dass «Prophet Song» seine Karriere beenden könnte. Denn der Roman, in dem Irland ein totalitärer Staat wird, trifft Lesende mit voller Wucht. Vom ersten Satz an zeichnet Lynch in intimster Klarheit nach, was mit einer Familie geschieht, die in den Strudel von staatlicher Gewalt, Willkür und Verfolgung gerät. Dass seine Geschichte in einem westeuropäischen Land mit einer gefestigten Demokratie spielt, macht es noch verstörender.
2023 erhielt der irische Autor dafür den begehrten Booker Prize. Seither steht seine Welt Kopf, und er gibt nach eigenen Aussagen fast nur noch Interviews. Lynch ist ein Sprachvirtuose, der sich in innere Kontemplation begeben muss, um schreiben zu können. Er spricht von einem Versuch in radikaler Empathie. Was nicht immer einfach sei, denn er sei in erster Linie Vater von zwei Kindern.
Mit Olivia Röllin spricht er über existenzielle Kipppunkte, die Revolution des Mitgefühls und das Schreiben als Daseinsform.
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57:28
Der ESC – über Politik, Queerness und die Zukunft Europas
Der Eurovision Song Contest sei «eines der letzten Rituale der Massenkultur», findet der Kulturjournalist Jens Balzer. Was aber verrät der ESC über den Zeitgeist? Über Politik, Queerness und die Idee von Europa? Im Gespräch wagt Balzer eine Gegenwartsdiagnose durch die Linse der Popmusik.
Über 160 Millionen Menschen verfolgten den Sieg von Nemo in Malmö 2024. Nun findet der ESC in Basel statt. Ein Liederwettbewerb, der 1956 zum ersten Mal in der Schweiz stattfand. Es ging um europäische Verständigung nach dem Zweiten Weltkrieg. Im Kalten Krieg dann feierte man demonstrativ die liberale Toleranz. Später wurde der ESC gar zu einem «Safe Space für Queerness», wie der Musik- und Kulturjournalist Jens Balzer behauptet. Und immer wieder spielten politische Botschaften und Kontroversen eine Rolle, obwohl der ESC doch unpolitisch sein möchte. Wie viel Politik und wie viel Gegenwart steckt also im ESC? Und welche Vision von Europa spiegelt sich in dem Megaevent?
Vertiefende Gespräche mit herausragenden Persönlichkeiten aus Kultur, Wissenschaft und Politik. Die Sternstunde Philosophie vermittelt lebensnahe Denkanstösse zu zentralen Fragen unserer Zeit.