Schimpf-Spirale, Wutanfall, Autonomiephase – Wie wir das zusammen mit unserem Kind schaffen TEIL1
Ich finde Mama und Papa zu sein, ist wirklich eine schwere Aufgabe. Es ist die absolut schönste Lebenszeit für mich, aber auch die, die mich am meisten an meine Grenzen bringt. Ich liege wirklich so oft abends im Bett und denke über den Tag nach. Frage mich, warum ich in dieser und jener Situation so und so reagiert habe. Claudia Schwarzlmüller ist seit 20 Jahren Kinderpsychologin, bietet Baby- und Kleinkindkurse an und ist selbst Mama. Mit ihr hätte ich den ganzen Tag quatschen und lachen können und mein erster Impuls nach Teil 1 unseres Podcasts war, meinem Mann zu schreiben, dass wir es vielleicht doch ganz gut machen.
Ich liebe unsere beiden Kinder, wie ich zuvor noch nie jemanden geliebt habe. Und ich möchte, dass sie eine Kindheit erleben, die ihnen Sicherheit, Vertrauen und so viele Glücksmomente wie nur möglich schenkt – und mir auch. Ich will die Zeit, die wir haben, genießen. Jeden Tag. Jeden Moment. Aber wir müssen ja auch erziehen. Das ist die (für mich) lästige Aufgabe. Mein Mann und ich müssen ihnen Regeln setzen, eine gesunde Konsequenz an den Tag legen, Entscheidungen treffen. Manchmal verzweifle ich daran. Ehrlich gesagt sogar sehr oft. Ich bin so oft enttäuscht von mir selbst, weil ich es nicht geschafft habe, die Ruhe zu bewahren bei einem Trotz- oder Wutanfall. Und das, obwohl man doch so viele Tipps bekommt.
Schaut man sich auf Instagram um, findet man so viele Profile, die Impulse geben. Nach dem Motto "Statt zu deinem Kind dies und jenes zu sagen, sag es doch lieber so und so". Ich finde diese Profile super und finde die Tipps auch vollkommen nachvollziehbar und hilfreich. Für mich – und ich sage bewusst "für mich", weil es ja nicht allen Eltern so geht – haben diese Tipps aber auch eine Schattenseite. Sie bewirken nämlich, dass ich abends im Bett liege und meine Kommunikation bis ins kleinste Detail analysiere, um dann mein Scheitern festzustellen. Ich würde gerne in jeder Situation ruhig, besonnen, gelassen und schlau reagieren. Ich bin aber eine Mama, eine Frau, eine Vollzeit-Working-Mom, eine Freundin, ... Diese ganzen Tipps decken auf, an welchen Stellen im Mama-Kind-Kosmos ich wieder mal gescheitert bin. Weil ich geschimpft habe, anstatt es in Ruhe und pädagogisch astrein zu erklären.
Das muss nicht auf jeden zutreffen und ist auch nicht als Vorwurf an solche Profile zu verstehen – ich will nur sagen, dass es mir so geht. Möglicherweise aber auch anderen Eltern. Und mich hat das Gespräch mit Claudia total aufgefangen. Sie hat ein bisschen Ruhe in den Sturm gebracht, den ich selbst in meinem Kopf immer wieder bilde.
So oft fragen wir uns, wie wir aus der Schimpf-Spirale rauskommen. Und das ist auch nach dem Podcast noch immer mein Anspruch, aber ich habe verstanden, dass es manchmal eine direkte Reaktion braucht und mein Kind kein emotional gestörter Erwachsener wird, weil ich ihn in gewissen Situationen "geschimpft" oder laut ermahnt habe. Kinder merken, wenn Eltern ein "Bauerntheater" aufführen und ihre Reaktionen komplett regulieren. Auch nicht gut!
Ich will jetzt gar nicht im Einzelnen darauf eingehen, was alles genau Claudias Tipps sind, das hört ihr ja. Was aber ganz wichtig ist: Ändert die innere Kommunikation mit euch selbst. Fangt bei der Kommunikation an, die ihr mit euch selbst führt. Dann sprecht ihr automatisch auch anders mit eurem Kind. Ich weiß: Nicht einfach. Aber lasst uns doch damit anfangen. Einfach mal wieder akzeptieren, dass es kein "Richtig" gibt. Erziehung ist individuell. Es ist euer Alltag mit euren Kindern. Es ist euer Leben. Und ich finde es absolut wichtig und richtig, sein Handeln und seine Kommunikation immer mal wieder zu überprüfen. Nur dürfen wir dabei nicht unser intuitives Handeln ersticken. Und wir dürfen auch nicht glauben, dass wir gescheitert sind, wenn wir mal emotional in einer Stresssituation reagieren. Denn auch dann geben wir unseren Kindern etwas mit. Auch daraus lernen sie.