Ästhetische Bildung und liturgischer Aufbruch: Kunst und Reform bei Romano Guardini
Liturgie und Kunst haben vieles gemeinsam, jedenfalls im Denken und Werk Romano Guardinis. Beide vereint eine ästhetische Prägekraft. Zugleich fordern sie zur Unterbrechung gängiger Wahrnehmungsmuster heraus, schaffen alternative Welten und Realitäten. Im Kontext der Frage nach einer zeitgemäßen liturgischen Bildung gilt es deshalb, das Verhältnis von Kunst und Liturgie auszuloten. Beispielhaft sollen daraufhin anhand von Odo Casels Primat des Objektiven vor dem Subjektiven Ansprüche an die Liturgie markiert und die Unterschiede zu Romano Guardini herausgearbeitet werden. Ein Blick in die Praxis soll uns die aktuellen Herausforderungen vergegenwärtigen. Denn während in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Vatikanum vor allem die gemeinschaftliche Dimension der Liturgie betont wurde, wird heute wieder vermehrt nach der persönlichen Dimension innerhalb der Liturgie gefragt. Suchbewegungen hin zu einer „persönlichen Gebetsatmosphäre“ sind zu beobachten.Wie steht es um die Liturgiefähigkeit heute? Wie lassen sich die beiden Pole des Subjektiven und Objektiven in der Liturgie zusammenführen? Und welche Rolle spielen dabei Kunst und Ästhetik, speziell in Form des liturgischen Raums?Prof. Dr. Andreas Bieringer ist Lehrstuhlinhaber für Liturgiewissenschaft, Hymnologie und christliche Kunst an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen. Veröffentlichungen zuletzt u.a.: Gottesdienst in der Literatur. Entwurf einer kultursensiblen Liturgiewissenschaft, Tübingen 2023.Prof. Dr. Isabella Bruckner ist Professorin für Christliches Denken und spirituelle Praxis am Päpstlichen Athenäum Sant’Anselmo in Rom. Zu ihren Forschungsschwerpunkten zählt die philosophisch-theologische Reflexion (monastischer) Spiritualität. Veröffentlichungen zuletzt u.a.: Gesten des Begehrens: Mystik und Gebet im Ausgang von Michel de Certeau, Innsbruck 2023.
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1:23:28
Gesundheitswesen – unsteuerbar?
Prof. Dr. Georg Cremer im Gespräch mit Staatssekretär a.D. Prof. Josef Hecken, Unparteiischer Vorsitzender des Gemeinsamen Bundesausschusses.Das Bewusstsein von den Folgen des demographischen Wandels für die Finanzierung des Gesundheitssystems ist jüngst im Schlepptau der Rentensicherungsdebatte stärker geworden. Ebenso hat mit den jüngsten geopolitischen Ereignissen die scharfe Konkurrenz zwischen drängenden Finanzierungsbedarfen zugenommen. Gibt es eine Perspektive für organisatorische Veränderungen im Gesundheitswesen, die den Kostendruck mindern, ohne die Qualität der Versorgung zu gefährden? Ist es überhaupt möglich, ein politisch so umkämpftes Feld wie die Gesundheitspolitik nach ordnungspolitischen Prinzipien zu steuern? Das Handlungsfeld ist extrem komplex. Die Krankenhausfinanzierung und Bedarfsplanung ist besonders umstritten, und das schon seit langem. Ebenso gibt es Verteilungskämpfe innerhalb der Leistungserbringer des Gesundheitssystems im ambulanten Bereich sowie an der Schnittstelle von ambulant und stationär. Was bewirkt der Fachkräftemangel und der Schwund des „Hausarztes auf dem Lande“? Sind die parallelen Versicherungssysteme ein Reformhemmnis?Über diese und weitere Fragen spricht Georg Cremer mit Josef Hecken.Prof. Josef Hecken ist seit 2012 Unparteiischer Vorsitzender des Gemeinsamen Bundesausschusses. Er war von 1999–2004 Staatssekretär im Ministerium für Frauen, Arbeit, Gesundheit und Soziales des Saarlandes und von 2004–2008 Minister für Justiz, Gesundheit und Soziales des Saarlandes sowie ab 2008 auch für Arbeit. 2004–2008 war er Vorsitzender des Gesundheitsausschusses. Von 2008–2009 war er Präsident des Bundesversicherungsamtes, von 2009–Juli 2012 Staatssekretär im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.Prof. Dr. Georg Cremer ist Volkswirt und Publizist. Er war von 2000-2017 Generalsekretär des Deutschen Caritasverbandes. Zu seinen sozialpolitischen Publikationen gehören: Sozial ist, was stark macht. Warum Deutschland eine Politik der Befähigung braucht und was sie leistet. Freiburg 2021; Deutschland ist gerechter, als wir meinen. Eine Bestandsaufnahme. München 2018; Armut in Deutschland. Wer ist arm? Was läuft schief? Wie können wir handeln? München 2016.
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58:45
Der Becher meiner Lust ist voller Tränen.
Weibliche Stimmen in der islamisch-mystischen Dichtung persischer Sprache.Sufis und ihr mystischer Zugang zu Gott und dem Koran sind weitgehend bekannt. Weniger bekannt ist jedoch die mystische Literatur, die Frauen verfasst haben – auf Persisch. Kurt Scharf und Ali Abdollahi haben diese Texte erstmalig ins Deutsche übertragen und stellen diese und das Leben und Denken ihrer Autorinnen vor.Aus der christlichen religiösen Tradition ist uns der Widerspruch zwischen Gesetz und Liebe, Orthodoxie und Mystik vertraut. Aber zumindest dem eigenen Anspruch nach wird er im Christentum zugunsten der Liebe aufgelöst. Sie, heißt es in Röm 13,10, sei des Gesetzes Erfüllung.Im Islam ist diese Spannung stärker. Einerseits gibt er mit seinen fünf Säulen ein Fundament aus Regeln, zu denen noch detaillierte Vorschriften hinzukommen, die das Leben des Einzelnen bestimmen. Andererseits hat die Mystik unter Muslimen und Muslimen große Bedeutung. Ihr Inhalt ist die Liebe, die Sehnsucht nach der Vereinigung mit Gott. Und ihre Anhänger haben wahrscheinlich mehr für die Verbreitung des Islams getan als die orthodoxen Religionslehrer. Anders als diese verstehen und lesen die Sufis die Botschaft des Korans auf eine eigene Weise: Danach hat das Heilige Buch eine äußere und eine innere Seite. Die Regeln seien nur die äußere, die wichtigere aber sei die innere.Damit setzten Sufinnen und Sufis sich in einen scharfen Gegensatz zur iranischen Orthodoxie. Dennoch wurden sie unter Chomeyni, der selbst eine Ausbildung als Sufi durchlaufen hatte, geduldet; unter Chamene’i dagegen macht man ihnen das Leben schwer: Schreine von Sufischeichs werden zu einfachen Gräbern zurückgebaut, sodass man dort nicht mehr spenden kann und die Gelder für Stipendien für die Schulung von Sufijüngern ausgehen, und gegen mehrere Sufischeichs ist Hausarrest verhängt worden.Eine besondere Provokation stellen für die herrschende Orthodoxie der Islamischen Republik sowohl die weibliche Seite und als auch die erotische Orientierung dieser Glaubensrichtung dar. Der Mystiker, der sich nach der Vereinigung mit Gott sehnt, wird gewissermaßen zur Braut Gottes. Insofern ist es besonders, die Stimmen von Sufidichterinnen zu hören, die diese feminine Seite des Glaubens noch verstärken.Ali Abdollahi ist Dichter, Literaturkritiker und Übersetzer von Lyrik und Erzählprosa und Philosophie. Er lebt in Berlin.Kurt Scharf war stellvertretender Leiter des Goethe-Instituts in Teheran und Gründungsmitglied des Hauses der Kulturen der Welt. Er ist Herausgeber und Übersetzer von Literatur aus u.a. dem Persischen.Mahya Taheri ist Buchillustratorin und lebt in Berlin.Udo Steinbach war bis 2007 Direktor des Deutschen Orient-Instituts in Hamburg. Seit 2019 verantwortet er das Programm MENA Study Centre bei der Maecenata-Stiftung.
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1:06:25
Morde nicht! Maria-Maria
Am 2. Februar wird weltweit in den katholischen Kirchen Maria Lichtmess gefeiert. Anlass für uns, einen Abend mit einer besonderen Lesung zum Thema Maria anzubieten. Die Schriftstellerin Carmen-Francesca Banciu liest ihren Text „Morde nicht! Maria-Maria“.Darin denkt die Figur der Maria-Maria, rumänische Tochter einer jüdisch-katholischen Mutter, über die Entstehung der Ambivalenzen in ihrem Verhältnis zur Mutterschaft nach. Diese ergeben sich aus einer doppelten Strenge, der sie in ihrem Heranreifen ausgesetzt war. „Marie, die reine Magd“ war das stumme Ideal – es geriet in einen stürmischen Konflikt mit anderen Idealen, mit einer harten „sozialistischen“ Wirklichkeit und mit den unter all den verschiedenen Anforderungen verschütteten oder verbogenen eigenen Wünschen.Carmen-Francesca Banciu ist eine deutsche und rumänische Schriftstellerin. Sie studierte Kirchenmalerei in Arad und Außenhandel in Bukarest. Die Verleihung des Internationalen Kurzgeschichtenpreises der Stadt Arnsberg für die Erzählung Das strahlende Ghetto (1985) hatte für sie ein Publikationsverbot in Rumänien zur Folge. 1991 kam Banciu nach Deutschland, eingeladen durch das Künstlerprogramm des DAAD, und lebt seit 1992 als freie Autorin in Berlin. Zu ihren zahlreichen Auszeichnungen zählt die Nominierung ihres Romans Lebt wohl, Ihr Genossen und Geliebten! für den Deutschen Buchpreis 2018. Ihre Texte wurden in viele Sprachen übersetzt. Aktuelle Veröffentlichungen:2024 ILSEBILL salzt nach. Ein Briefroman, PalmArtPress2024 MUTTERS TAG. Das Lied der traurigen Mutter, PalmArtPress, Neuauflage, mit einem Nachwort von Sieglinde Geisel
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54:49
Ordnungspolitischer Salon: Welche Zukunft haben die Sozialversicherungssysteme?
Die demographische Alterung setzt alle umlagefinanzierten Sozialversicherungssysteme unter Druck. Dies wird insbesondere im Hinblick auf die Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung deutlich, mit ihren Effekten auch für Beschäftigung und Lohnkosten.Wird diese Entwicklung einen Systembruch erzwingen, oder lässt sie sich moderieren? Ist eine Bürgerversicherung die Lösung, die alle Bürger unabhängig von ihrem Beschäftigtenstatus in die gesetzliche Renten- und Krankenversicherung einbezieht, also etwa auch Beamte und Selbstständige? Welche Maßnahmen sind notwendig, um die Finanzierung tragfähiger zu machen und die Lasten fair auf die Generationen zu verteilen? Können wir uns von den Vorsorge- und Sicherungssystemen in Österreich oder der Schweiz etwas abschauen? Wie müssen die Prinzipien der Leistungsgerechtigkeit und der Bedarfsgerechtigkeit in Zukunft austariert werden?Über diese und weitere Fragen spricht Georg Cremer mit Martin Werding.Prof. Dr. Martin Werding ist seit September 2022 Mitglied des Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Seit 2008 ist er Professor für Sozialpolitik und öffentliche Finanzen an der Ruhr-Universität Bochum. Seine Forschungsschwerpunkte sind Effekte des demografischen Wandels für die öffentlichen Finanzen, ferner Alterssicherung, Familienpolitik, Grundsicherung und weitere Zweige der Sozialpolitik sowie Bevölkerungsökonomie und Arbeitsmarktpolitik. Martin Werding war außerdem als wissenschaftlicher Politikberater für das BMFSFJ, das BMF, für den Vierten Armuts- und Reichtumsbericht sowie für den Expertenrat Demografie des BMI tätig.Prof. Dr. Georg Cremer ist Volkswirt und Publizist. Er war von 2000-2017 Generalsekretär des Deutschen Caritasverbandes. Zu seinen sozialpolitischen Publikationen gehören: Sozial ist, was stark macht. Warum Deutschland eine Politik der Befähigung braucht und was sie leistet. Freiburg 2021; Deutschland ist gerechter, als wir meinen. Eine Bestandsaufnahme. München 2018; Armut in Deutschland. Wer ist arm? Was läuft schief? Wie können wir handeln? München 2016.
Über Denken, Glauben, Fragen – aus der Katholischen Akademie Berlin
In unserem Podcast können Sie hineinhören in die Themenvielfalt der Katholischen Akademie in Berlin mit Gästen aus den Bereichen Religion und Philosophie, Literatur und Theater, Politik und Wirtschaft. Auch der interreligiöse Dialog, besonders im Austausch mit jüdischen und muslimischen Partnern, liegt uns am Herzen. In der Mitte der Hauptstadt versuchen wir, Geistiges und Geistliches zu verbinden.
Hören Sie auch unsere Podcasts "zwei nach zwölf. Gespräch über Gott und Welt" und "Tauchgänge":
anchor.fm/2nach12
anchor.fm/tauchgaenge
Höre Denken, Glauben, Fragen – aus der Katholischen Akademie Berlin, Unter Pfarrerstöchtern und viele andere Podcasts aus aller Welt mit der radio.at-App