Dr. Florian Ploberger im Gespräch mit Dr. Marina Marcovich
Wer neue Wege einschlägt, hat es nicht immer leicht. Aber: „Stellen Sie sich vor, ich würde Ihnen einen Gartenschlauch in den Hals stecken: Würde das Ihre Lebenskräfte fördern?“ Dr. Marina Marcovich verfolgte in der Betreuung von Frühgeborenen vor mehr als 30 Jahren einen unkonventionellen Ansatz, der damals auf viel Widerstand in der medizinischen Fachwelt stieß. Sie setze vorwiegend auf Zeit, Wärme und Geborgenheit und bewegte sich weg vom vorherrschenden Standardprogramm, das auf Intubieren, maschinelle Beatmung, Beruhigungsmittel, Sondenernährung oder Antibiotika-Therapie aufbaute. Mit großem Erfolg…
„In dem Moment, in dem ich sagte, die Frühgeborenen brauchen eher die Eltern und Geborgenheit als die Medizin und Maschinen, wurde ich ausgestoßen aus dem ehrenwerten Kreis der Mächtigen“, sagt Dr. Marina Marcovich, obwohl sie bereits mit 29 Jahren im Vorstand der österreichischen Gesellschaft für Prä- und Perinatale Medizin und im Vorstand der deutsch-österreichischen Gesellschaft für Neonatologie und pädiatrische Intensivmedizin saß. Aber sie ließ sich nicht beirren, sie war durch ihre Beobachtungen einfach davon überzeugt, dass es half, wenn man die zarten Babys den Müttern auf die Brust legte, wenn man sie streichelte, mit ihnen redete, sie wärmte. Das war gegen den Zeitgeist. Das war gegen die gängige medizinische Lehrmeinung. Das war eine Pionierarbeit, die nicht gerne gesehen wurde.
1994 wurde ein Strafverfahren gegen Dr. Marina Marcovich wegen fahrlässiger Tötung von 16 Neugeborenen eingeleitet. Weitere Anzeigen folgten. Gutachten zeigten jedoch, dass die Sterblichkeit der von ihr behandelten Frühgeborenen im Vergleich zu anderen Kinderkliniken relativ niedrig gewesen sind und ihr kein einziger Fall angelastet werden konnte. Die Zeitschrift Spiegel schrieb dazu: “Kampf der Mechaniker”. Man muss eine sehr starke Frau sein, wenn man unter solchen Umständen seinen Weg trotzdem weiter geht. Mittlerweile ist die Behandlung Frühgeborener nach der Methode von Dr. Marina Marcovich in vielen Kinderkliniken Routine geworden, auch in Krankenhäusern, die ihr Konzept bekämpft hatten. Denn nicht nur, dass sich ihr Zugang positiv auf die Entwicklung und die Überlebensfähigkeit der Frühgeborenen auswirkt, auch in weiterer Folge zeigen sich signifikante Unterschiede bei emotionaler Offenheit, sozialer Kompetenz und psychischer Gesundheit.
Neben ihrer medizinischen Tätigkeit schloss sie ein Philosophiestudium ab, absolvierte die landwirtschaftliche und forstwirtschaftliche Facharbeiterprüfung und besitzt den Traktorführerschein. So vielseitig wie die Person Dr. Marina Marcovich ist auch dieses tief gehende Gespräch mit Dr. Florian Ploberger, bei dem auch die Überschneidungen ihres Ansatzes mit der TCM berührt werden. Fazit: Äußerst hörenswert!