Vor etwas mehr als 150 Jahren wurde der englische Komponist Ralph Vaughan Williams geboren und auch wenn er in seiner Heimat als einer der wichtigen Musikgrössen gilt, bei uns ist seine Musik (noch) nicht wirklich bekannt geworden.
Es gibt zwar die Hits wie «The lark ascending» oder die «Tallis-Fantasia», doch seine insgesamt neun Sinfonien beispielsweise werden in unseren Konzertsälen kaum gespielt.
Die Musik von Vaughan Williams ist vielschichtig. Sinnlich-klangschön wie die beiden genannten Werke oder aber auch dissonant und energiegeladen wie in der 6. Sinfonie. Gustav Mahlers Votum, gemäss dem eine Sinfonie eine Welt aufbaut (und somit auch «die Welt» in sich aufnimmt), lässt sich auch auf Vaughan Williams Sechste übertragen. Die Welt, in der diese Sinfonie entstand, ist diejenige in Schockstarre nach dem Ende des 2. Weltkrieges: «Die erste Sinfonie nach Hiroshima», so hat ein Kommentator die Wirkung damals zusammengefasst.
Dem Komponisten wäre es zwar lieber gewesen, die Leute hätten einfach eine Musik gehört und nicht eine Botschaft daraus gelesen. Aber vielleicht ist Vaughan Williams Musik auch einfach sehr bildstark; immerhin basiert ein Teil dieser Sinfonie auf einer Musik, die der Komponist für einen Kriegsfilm geschrieben hat.
Der Tonmeister Andreas Werner und der Musikwissenschaftler Chris Walton hören sich zusammen mit Norbert Graf Ausschnitte aus fünf verschiedenen Aufnahmen an.
Erstausstrahlung: 09.01.2023
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Dmitri Schostakowitsch: Streichquartett Nr. 8
Er war ein Ausnahmetalent: schon seine Abschlussarbeit im Konservatorium – die 1. Sinfonie – feierte einen Riesenerfolg. Dmitri Schostakowitsch stand eine glänzende Zukunft bevor.
Aber das politische System überzog ihn mit einem perfiden Katz-und-Maus-Spiel, es hofierte ihn als Staatskünstler, überschüttete ihn mit aber auch mit Angriffen, Drohungen und öffentlichen Demütigungen. Und Schostakowitsch unterwarf sich. Als er am 9. August 1975 starb, war er ein gebrochener Mensch. Seiner Musik hört man das an: die überschäumende Lebenslust ist am Ende einer abgrundtiefen Trauer gewichen.
In der Diskothek besprechen die Geigerin Julia Fischer und der Cellist Benjamin Nyffenegger das achte seiner 15 Streichquartette. Es ist im Jahr 1960 komponiert, kurz nachdem Dmitri Schostakowitsch gezwungen wurde, in die KPdSU einzutreten.
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Johannes Brahms: Klavierquartett A-Dur op. 26
Rund 50 Minuten lang ist dieses berückend schöne Riesenwerk, es ist zugleich das am wenigsten bekannte der drei Klavierquartette von Brahms.
Unter anderem mit diesem Stück stellte sich der Komponist dem Wiener Publikum vor, er selbst spielte die Uraufführung am 29. November 1862 im Musikvereinssaal, zusammen mit Mitgliedern des Hellmesberger Quartetts aus Wien. Bis kurz davor feilte Brahms an dieser Komposition und änderte manche Stellen erheblich: Er passte etwa die Verteilung von Begleitfiguren im ersten und zweiten Satz an, was im Autograf deutlich zu erkennen ist.
Dieses Quartett steht in der lichten Tonart A-Dur. Es ist insgesamt eher im lyrischen und innigen Ton gehalten, aber in diesem bisweilen idyllischen Stimmungs-Kaleidoskop tun sich auch immer wieder tiefe und dramatische Abgründe auf. So etwa im langsamen zweiten Satz, in welchem Brahms das Lied «Die Stadt» von Franz Schubert zitiert. Das Finale schliesslich ist ein freudig-tänzerisches Rondo «all’ongarese».
Es ist eines der umfangreichsten Kammermusikwerke des Repertoires überhaupt und stellt grosse Anforderungen an alle Spielenden, sowohl in kleinen Details wie auch in der Gestaltung der sehr gross angelegten Form.
Gäste von Moritz Weber sind die Cellistin und Nationalrätin für den Kanton Genf Estelle Revaz und der Pianist Benjamin Engeli.
Erstausstrahlung: 08.04.2024
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Henry Purcell: Fantasien für Gambenconsort
Kontrapunktische Kompositionsstudie oder geistreiches Gespräch unter Instrumentalisten? Die Fantasien von Henry Purcell zählen heute zu den beliebtesten Stücken für Gambenconsort – auch wenn sie die letzte Komposition für diese Art Ensemblemusik sind.
Henry Purcell ist einer der letzten Komponisten, der Musik für Gambenconsort komponiert hat. Danach starb die Gattung aus; die Violine und ihre Virtuosität eroberte die Musikwelt.
Henry Purcell ist in seinem kurzen Leben eigentlich mit anderen Werken berühmt geworden: seinen Opern, Schauspielmusiken und Songs. Doch seine Fantasien für drei- bis siebenstimmiges Gambenconsort sind heute so beliebt, dass sie in zahlreichen Aufnahmen vorliegen. Die komplexen kontrapunktischen Studien mit spannungsgeladenen Dissonanzen lassen den Interpretinnen und Interpreten in der Gestaltung viele Freiheiten, die von den Ensembles in den letzten Jahren immer weiter ausgereizt wurden.
Jenny Berg diskutiert gemeinsam mit der Gambistin Jane Achtman und dem Cembalisten Thomas Leininger neuere Einspielungen.
Erstausstrahlung: 13.03.2023
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Cécile Chaminade: Klaviertrio Nr. 2 a-Moll op. 34
Perfekt vernetzt war die Pariser Komponistin Cécile Chaminade.
Von der grossbürgerlichen Familie, in deren Schoss sie als Achtjährige ihre ersten Stücke schreibt und in deren Salon an der Rue de Rome sie Konzerte gab und komische Opern aufführen liess, bis zu Verbindungen zur Pariser Komponistenszene um Ernest Chausson oder Emanuel Chabrier. Zweiundzwanzigjährig wurde Chaminade aktives Mitglied der renommierten société nationale de musique, in deren Konzerten ihre beiden Klaviertrios aufgeführt wurden. Ihre Reisetätigkeit führte sie in alle europäischen Länder und bis in die Türkei oder die USA. Diesen Erfolg bricht der Erste Weltkrieg. Chaminade ging vergessen – eine zeitlang.
Mit Benjamin Herzog diskutieren der Pianist Oliver Schnyder und die Musikwissenschaftlerin Martina Wohlthat.
Erstausstrahlung: 01.05.2023
In der «Diskothek» reden wir über Musik und ihre Interpretationen. Zwei versierte Gäste mit guten Ohren vergleichen im Blindtest verschiedene Aufnahmen eines Werks und exponieren sich mit ihren Urteilen. In mehreren Hörrunden wird die Auswahl immer kleiner, bis die «beste» Aufnahme übrigbleibt – Spiel und Hörschulung zugleich.
Die Werke stammen aus allen Epochen der klassischen Musik, vom Mittelalter bis zur Gegenwart.