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Tim Guldimann - Debatte zu Dritt

Tim Guldimann
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  • Rechtsstaat im Nahen Osten und Nordafrika: Garantiert eine Verfassung Stabilität? – mit Dr. Anja Schoeller-Schletter und Dr. Naseef Naeem
    Wenn Kriege und Krisen Regionen erschüttern glauben wir an Demokratie und Rechtsstaat, um Frieden zu schaffen. Die Mittel dafür sind Wahlen und eine Verfassung. Wie soll das funktionieren? Welche Probleme stellen sich?Anja Schoeller-Schletter, ehemalige Leiterin des Rechtsstaatsprogramms Naher Osten und Nordafrika der Konrad Adenauer Stiftung: «Das Erstaunliche ist, dass es immer wieder um ähnliche Fragen geht (..). Es geht im Wesentlichen um die Begrenzung von Machtfülle und Gewaltenkontrolle und um Checks und Balances. (..) Die echten Schwierigkeiten sehen wir immer dann, wenn Kontrollmechanismen ausgehebelt werden.»Gibt es in den Gesellschaften der Region ein Bewusstsein von der Bedeutung der Verfassung? Der deutsch-syrischer Verfassungsexperte Naseef Naeem: «Die Verfassungsdiskussion in Syrien unterscheidet sich nicht von allen anderen Verfassungsdiskussionen (..). Dabei geht es nach dem Regime-Change in Syrien um die Stabilisierung der Staatsstrukturen (..), dass die Institutionen funktionsfähig werden. (..) Ich spüre ein Engagement für Rechtsstaatlichkeit (..), dass wir endlich mal ein Rechtssystem haben, nicht wie unter dem alten Regime. (..) Jeder will, dass dieser Neuanfang für Syrien nach jahrelanger Diktatur gelingt durch Regelung, durch Verfassungsregelung» Schoeller-Schletter: «Es geht speziell im Verhältnis vom Bürger zum Staat, dann um die Frage der Justiziabilität und der Einklagbarkeit und der Realität von Rechten der einzelnen Person. Wenn ein Staat das nur auf Papier hat, aber keine staatlichen Organisationen, die das auch liefern, ist logischerweise das Vertrauen in ein Verfassungsdokument nach kurzer Zeit erodiert.»Liegt die Wirkmacht einer Verfassung darin, dass sie in einer selbständigen Rolle auch ein Instrument sein kann, um die Probleme der staatlichen Organsationen zu lösen?.- Naeem: «Definitiv nicht, (..) ich halte die Verfassungsprozesse der letzten Zeit für hochproblematisch. Beispiel Jemen (..) unter der Leitung der UN gab es eine fertige Entscheidung, dass das Land so geteilt wird. Die Verfassungskommission durfte sich gar nicht mit der Frage der Teilung des Landes beschäftigen. Das hat zu einer Art Chaos geführt, (..) dass damals die Huthi Sanaa überrannt haben im September 2015. Und da war die politische Frage, wie man mit den Huthi verhandelt, total weg. (..Diese Prozesse zeigten), dass man von Seiten der internationalen Gemeinschaft sagt: Ihr müsst euch über eine Verfassung einigen, weil die internationale Gemeinschaft ganz genau weiss, dass die politischen Probleme vielleicht nicht lösbar sind. (Das braucht) auch Kompromissbereitschaft (..) von den regionalen und internationalen Mächten. (..) Die kurzen Verfassungsprozesse, wie wir sie erlebt haben, haben nicht funktioniert. Keine Verfassungskommission im Nahen Osten hat mehr als sechs Monaten Zeit gehabt. (..) Die politische Stabilität kommt durch die Kompromisse, die man erreicht und nicht durch den Text der Verfassung»».Schoeller-Schletter: «Letztendlich geht es um die Verteilung von Macht und letztendlich um den Zugriff auf Ressourcen. (..Wichtig wäre), wenn man die Verfassungen verstehen würde als eine Einigung auf Spielregeln bei der Verteilung und Ausübung von Macht.» - Naeem: «Nach 29 Jahren Arbeit im Bereich von Verfassungsrecht neige ich dazu, dass man wieder zur politischen Arbeit gehen muss. (..) Erstmal müssen politische Lösungen für diese Länder gefunden werden. Die Begrenzung der Macht, das muss erstmal politisch ausgearbeitet werden.»Schoeller-Schletter «Es ist grundsätzlich problematisch, (..) wenn man Demokratie als ein Gesamtpaket westlicher Werte verkauft, das kann nicht klappen. (.. Vielmehr sollte man) den Rechtsstaat als Spielregeln verstehen, anstatt wertebetont oder untermauert mit westlichen Werten, also kulturneutral, ähnlich wie Mathematik, und dann sehen, dass der Rechtsstaat dort auch nicht mehr oder weniger scheitert als in anderen Regionen der Welt».
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    45:28
  • «Eine Atombombe für Deutschland ? – Kann sich Europa auch ohne die USA verteidigen?» – mit Stefanie Babst und Roderich Kiesewetter
    Die neue Bedrohungslage in Europa liegt zum einen im russischen Angriffskrieg und zum anderen im schwindenden Vertrauen in die amerikanische Bündnisverpflichtung unter Trump und damit in den amerikanischen Nuklearschirm. Auf die Frage, wie real ist die Gefahr, dass Europa den amerikanischen Schutz verlieren könnte, antwortet die frühere Strategie-Beauftragten der NATO Stefanie Babst: «Ich kann gegenwärtig nicht erkennen, dass es auf der amerikanischen Seite verbale oder gar konkrete Anzeichen dafür gibt, den Nuklearschirm (..) reduzieren oder aufgeben zu wollen. Wir haben natürlich sehr, sehr viele berechtigte Zweifel ob der grundsätzlichen Bündnisverpflichtung der USA.» - Und der Bundestagsabgeordnete Roderich Kiesewetter ergänzt: «Die Frage wurde ja nicht vom Westen gestellt, sondern im Dezember 2021 von Putin (.. Aus Moskau hiess es) man erwarte, dass alle früheren Warschauer-Pakt-Staaten aus der NATO austreten (..) und die Amerikaner ihre Nuklearwaffen aus Europa abziehen. (..) Trump hat bereits im Jahr 2017 (..) gesagt, dass die NATO obsolet sei. (..) Sein Markenzeichen ist ja Unvorhersehbarkeit, (..) und das können wir uns bei Abschreckung nicht leisten». Wie sollen wir damit mit der Frage der europäischen Sicherheit umgehen? - Babst: «Der geeignete Ort, um über eine europäisierte Nuklearpolitik weiter zu diskutieren, ist natürlich die NATO, ist der europäische Pfeiler in der NATO.» - Kiesewetter: «Die bisher öffentlich geführte Diskussion durch das Angebot von Frankreich und auch die polnischen Reaktionen zeigt ja, dass es sehr stark auf die Amerikaner ankommt und auf das Grundvertrauen, dass diese Abschreckung auch wirksam ist. Und umso öffentlicher diese Debatten geführt werden, umso stärker greifen auch die Zweifel und um so stärker kann auch russische (..) Desinformation wirken. (..) Insofern ist für uns Europäer von allergrösstem Interesse, nicht öffentlich den Amerikanern deutlich zu machen, wir haben euch schon aufgegeben, wir arbeiten jetzt an was Eigenem. Die Unvorhersehbarkeit von Trump kann auch dazu führen, dass er sagt, ich ziehe zurück und ich erfülle Putins Wunsch, dass wir uns von Europa zumindest nuklear zurückziehen.» Und zur Frage, ob sich Deutschland selbst nuklear bewaffnen soll, sagt Babst: «Das ist natürlich kompletter Unsinn». Hingegen fordert sie: «Wir brauchen eine glasklare Strategiefähigkeit in Deutschland. (..) Diese besteht vor allen Dingen darin, dass man in die jeweiligen Apparate, sprich NATO, EU aber natürlich auch auf bilateraler Ebene konkrete Vorschläge einfüttert (..) Und sie besteht darin, ein strategisches Ziel zu formulieren, was letztendlich auch verständlich ist mit Blick auf das, was wir beispielsweise in der Ukraine tun. Wir haben aber keine strategische Zielsetzung. Die Vertreter der Bundesregierung bleiben da relativ wischi-waschi. Und das fehlt auch in der strategischen Zielsetzung gegenüber Russland. Für meinen Geschmack schwingt da immer noch sehr viel Provokationsangst und Appeasement mit (..): Oh, wir dürfen ja nicht Herrn Putin provozieren, aber niemand sagt, ich fühle mich selbst von diesem Terrorregime provoziert.»
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    48:24
  • «Hannah Arendt und Jeanne Hersch - Ist ihre politische Philosophie durch Trump und die AfD wieder aktuell geworden?» - mit Winfried Kretschmann und Ruth Dreifuss
    Hat der Rechtspopulismus die Philosophie von Hannah Arendt und Jeanne Hersch wieder aktuell gemacht? – Winfried Kretschmann, Ministerpräsident von Baden-Württemberg: «Das kann man schon sagen. (..) Freiheit ist ein Zentralbegriff bei beiden. (..) Hannah Arendt sagt: ‘Der Sinn von Politik ist Freiheit‘ und Jeanne Hersch: ‘Es gibt keine Freiheit ohne Verantwortung‘ (..) Wir (sind heute) in einer Freiheitskrise (..) Wie kann es sein, dass in der ganzen Welt auf einmal autoritäre Regime und Schlimmeres an Popularität und Zustimmung gewinnen. Jeanne Hersch (.. sagte), dass die Menschen müde geworden sind an der Freiheit. Wenn man Freiheit als Verantwortung versteht, ist es im Kern ein Aushandlungsprozess, der ist anstrengend und macht müde (..). Da entsteht die Sehnsucht: Jetzt wollen wir mal einen haben, der einfach sagt: So wird’s jetzt gemacht, Ende der Durchsage.»Ruth Dreifuss, frühere Bundespräsidentin, entgegnet: «Ich glaube nicht an die Müdigkeit von Demokratie. Ich glaube einfach, dass die Demokratie ihre Versprechen nicht eingehalten hat, die Versprechen der grösseren Gleichstellung aller Menschen.» – Kretschmann: «Da kann ich nicht mitgehen (..) Die AfD hat in Baden-Württemberg vor acht Jahren aus dem Stand 15 Prozent geholt. Da hatte ich die besten Sozial- und Wirtschaftsdaten aller Zeiten. Der Trigger des ganzen Rechtspopulismus ist erstmal die Migrationsfrage. (..) Die sozialen Konflikte sind in der Regel vertikal, und die Rechtspopulisten kippen das in die Horizontale (..): Wir da drinnen, ihr da draussen.»Ist die heutige Entwicklung mit 1933 vergleichbar, ein «déjà-vu»? – Kretschmann: «In jedem Fall gibt es Parallelen, aber es gibt auch Unterschiede.(..) Der Nationalismus ist das gefährlichste Gift der Moderne. (..) Als Deutsche (sehen wir) den überragenden Zivilisationsbruch durch die Nazis als den Gründungspunkt, aber das ist nicht richtig, der Nationalismus ist älter, (..) auch der Rassismus war schon vor Hitler weit verbreitet.»Dreifuss: «Jeanne Hersch hat immer  unter dem Trauma des Jahres 33 gelitten (..) und hat auch gesagt: ‘Es kann immer wieder kommen‘. (..) Amerika lebt zurzeit den Versuch eines Staatsstreichs, eine Zerstörung des Gleichgewichts der Gewaltentrennung, einen Angriff auf andersdenkende Menschen (..) und ein Wiederaufkommen eines Rassismus ohne Hemmung. (..) Der französische Historiker Johann Chapoutot zeigt auch den Zusammenhang (.. mit dem) Big Business, in diesem Fall ist es nicht Kohle und Stahl, aber die Internetwelt. Diese Beherrscher einer neuen Technologie zählen auf Trump, so wie die Herren von Stahl und Kohle auf Hitler gesetzt und geglaubt haben, sie werden ihn manipulieren und in drei Monate waren diese Herren entwaffnet. (..) Faschismus setzt man (auch) immer in Zusammenhang mit Schlägern (..) Man hat es gesehen im Sturm auf das Kapitol».Kretschmann: «Die Gefahr ist und das ist eine echte Parallele, (..) wenn Tatsachenwahrheiten einfach geleugnet werden (..) und man es hinnimmt. (..) Ein Teil der amerikanischen Bevölkerung weiss, dass Trump lügt, nimmt es aber hin. Wenn (die Wahrheit), eine so fundamentale Grundlage der menschlichen Gemeinschaft, nicht hart verteidigt wird, dann kommt etwas ins Rutschen und dann ist alles in Gefahr. Das hat uns Hannah Arend in fundamentaler Weise erläutert. (..) Die Demokraten müssen an einem Punkt eisern zusammenhalten: (..) Die Verteidigung von Tatsachenwahrheiten, die Verteidigung der Freiheit der Wissenschaft. (..) Der intakte öffentliche Raum ist für Hannah Arendt quasi das Zentrum der Demokratie.»Dreifuss: «Die Social Media erlauben wirklich, dass jeder für sich in einer kleinen Bubble lebt und nur die Informationen bekommt, die für ihn gezielt ausgesendet werden. (..) Die öffentliche Meinung ist nicht mehr der Ort, wo man zusammen Lösungen sucht (..)Jeder für sich hat seine Wahrheit, die keine Wahrheit ist, sondern manipuliert werden kann. Das öffnet den Weg zum Totalitarismus.»
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    43:33
  • «Das Elend Afghanistans unter der Herrschaft der Taliban – Fühlen wir uns verantwortlich oder interessiert uns nur noch die Abschiebung von Geflüchteten?» – mit Almut Wieland-Karimi und Botschafter Markus Potzel
    Hat der überstürzte Abzug des Westens vor vier Jahren Afghanistan ins Elend gestürzt? Die Afghanistanspezialistin Almut Wieland-Karimi konstatiert, dass «Trump 1 das Land einfach den Taliban übergeben hat». Sie sprach aber unlängst in einem NZZ-Interview von unserem Zerrbild des Landes. Sie hatte auf dem Land Bauersfrauen gefragt: «Welche Zeit war für euch besser, jetzt mit den Taliban» oder in den zwanzig Jahren zuvor? «Die Bauersfrauen haben unisono gesagt, dass es jetzt besser sei. (..) Das Wort Zerrbild beschreibt für mich, dass wir während der 20 Jahre ein Land haben sehen wollen, was es nicht gewesen ist. (..) Wir haben etwas auf das Land projiziert, was wir gerne so gehabt hätten.»Potzel bestätigt, dass «die Sicherheitslage besser geworden ist. (..) Ich habe viel Resilienz der Bevölkerung gesehen». Er räumt gleichzeitig ein, dass er selbst mitverantwortlich war für das westliche Desaster und ruft in Erinnerung, dass der «Krieg Frauen und Kinder am härtesten trifft. Und das Land hat nun mal seit 1978/79 Krieg erlebt, praktisch ununterbrochen. (..) Es ist schwierig, wenn man versucht, in einem Land, was man nicht besonders gut kennt und versteht, seine eigenen Vorstellungen aufzuzwingen. (..) Ich habe daran geglaubt, dass das funktioniert und war dann letzten Endes überrascht (..) darüber, wie wenig Wurzeln das geschlagen hatte in der Bevölkerung». - Dazu Wieland-Karimi: «Wir sind auch nicht mehr in der Zeit, in der wir mit erhobenem Zeigefinger andern Menschen erklären können, was gut und richtig für sie ist. Daran sind wir genau in Afghanistan gescheitert.»Berlin anerkennt das Taliban-Regime nicht an, braucht aber offizielle Kontakte für deutsche Anliegen. Wie geht das? - Potzel: «Es ist nicht so, dass Deutschland keine Gespräche mit den Taliban führt, wir haben einen Geschäftsträger, der betreibt die Geschäfte von Doha aus. (..), reist hin und wieder nach Kabul und führt Gespräche. Ich wäre auch dafür, eine dauerhafte Präsenz dort einzurichten (..), um die eigenen Interessen zu vertreten (..): Terrorismusbekämpfung, Migration, Rauschgift» - Wieland-Karimi: «Ich stimme Markus zu (..), es wäre gut, wie die Schweiz zB ein Verbindungsbüro vor Ort zu haben. (..) Es würde uns gut zu Gesichte stehen, genau zu wissen, dass Frauenrechte für uns wichtig sind und zugleich aber auch, dass wir den Menschen im Land nicht helfen, indem wir sie isolieren.» Ist Afghanistan ein sicheres Rückkehrland geworden? – Potzel: «Das mag ich nicht beurteilen, dafür braucht es eine Botschaft vor Ort, die das besser einzuschätzen vermag. (..) Es gibt keine systematische Verfolgung von ehemaligen Soldaten der afghanischen Armee, von Geheimdienstmitarbeitern. Was nicht ausschliesst, dass es einzelne Racheakte gibt.» - Wieland: «aus meiner Sicht ist es kein sicherer Rückkehrstaat. (..) Da glaube ich müssten wir vor Ort bessere Analysen haben, die haben wir aber nicht. Wir wissen von Einzelfällen (..) wir wissen, dass keine systematische Verfolgung passiert.»Was ist die Zukunft des Landes ? – Wieland sieht, «dass es in dieser weltpolitischen Veränderungslage einen Wettlauf gibt um Länder im sogenannten globalen Süden. (..) Da geht es viel um Rohstoffe, um Verbindungswege. Insofern kann das für Afghanistan positiv sein, es kann aber auch negativ sein, indem es einen neuen Stellvertreterkrieg dort gibt. (..) Die Chinesen kümmern sich ganz gezielt um Transportinfrastruktur, um diese Rohstoffe und seltenen Erden ausbeuten zu können. (..) Es geht ganz klar um den Zugang zu seltenen Erden, zu Rohstoffen. Afghanistan ist gesegnet damit oder auch verflucht.» - Potzel: «ich bin nicht sehr optimistisch. (..) Ich sehe keine Oppositionskraft (..) Ich glaube eher an evolutionäre Schritte von innen heraus. (..) Aber generell sehe ich eine düstere Zukunft für Afghanistan, denn wenn man die Hälfte der Bevölkerung von weitergehender Bildung ausschliesst, dann kann die Zukunft dieses Landes nicht rosig sein.»
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    46:49
  • „Ist Nachhaltigkeit machbar? – Gelingt der radikale Umbau zu einer klimaneutralen Energie, Wirtschaft und Gesellschaft bis 2050?“– mit Katharina Beck, Hamburger MdB und Finanzexpertin, und Jörg Eigendorf, Chief Sustainability Officer der Deutschen Bank“
    Jörg Eigendorf spricht von “einem globalen Markt- und Staatsversagen”. Das Gegenprogramm ist Nachhaltigkeit, ein verantwortungsbewusster Umgang mit den begrenzten Ressourcen. Wird diese Nachhaltigkeit erreicht? - Katharina Beck, Hamburger Bundestagsabgeordnete, Finanzexpertin und langjährige Unternehmensberaterin: “Dafür braucht man ja auch die Herzen. Und die Herzen sind im Moment sehr stark von unterschiedlichen Themen betroffen, (..) von Zukunftsangst“. Sie plädiert deshalb dafür, dass “man aus dieser Angstdebatte eine positive Chance, eine wirtschaftliche Chancendebatte macht. (..) Optimismus ist Pflicht.”Für Eigendorf ist die Frage nicht ob, sondern wie: ”Die Wirtschaft muss umgebaut werden, es gibt keine Alternative. (..) Wir müssen es schaffen, aber sind daran bisher gescheitert, (.. weil) wir es nicht geschafft haben, die wahren Kosten des Wirtschaftens in den Wirtschaftskreislauf zu integrieren. (..) Entweder werden wir es in einer disruptiven Form schaffen müssen, weil irgendwann (..) die Wertschöpfungsketten zusammenbrechen (..) oder aber wir werden es in einem organisierten transformatorischen Prozess schaffen. (..) Dass die Regenwaldnationen bis heute für den Schutz ihres Regenwaldes keinen finanziellen Vorteil haben, (..) da es immer noch günstiger ist, den Regenwald zu roden, als ihn zu schützen, das nenne ich ein phänomenales Versagen. Wenn wir so weiter machen, wird es immer disruptiver werden, und die Folgen werden immer katastrophaler.“Extrem wichtig dabei sei: „Wir müssen aus der Ideologisierung dieses Problems raus. Es geht eigentlich um die Elektrifizierung unseres Energiesystems. (..) Wir haben es aber in Deutschland geschafft, zwei Dinge so richtig zu verteufeln: Die Wärmepumpen (..) und die E-Autos.(..) Das sind zwei Dinge, sie sind schon marktfähig.“ – Das sieht Beck ähnlich: Wärmepumpen seien einfach „die überlegene Technologie“ und zu den E-Autos: „Schon vor 10-15 Jahren musste man auf den Automobilmessen beobachten, dass VW und andere deutsche Unternehmen hintenanstanden, weil in China schon allen Produzenten klar war, dass das E-Auto die Zukunft ist. (..) Ich war in Zwickau, da gibt’s ein paar VW-Werke, die E-Autos herstellen. Die Betriebsräte dort haben mir gesagt: ‘Können Sie was dafür tun, dass das E-Auto nicht so schlecht geredet wird‘ (..) Es geht um das Schlechtreden der Wärmepumpen, es geht um das Schlechtreden der E-Autos.“Wer trägt die Kosten? – Eigendorf: „Wenn wir mal wegkommen von dieser ideologischen Debatte (..), dann wird das alles direkt machbar. Dafür brauchen wir aber nicht nur Staatsgeld, sondern am Ende den privaten Kapitalmarkt. Dafür brauchen wir in Europa eine Kapitalmarktunion. (..) Wir haben jetzt 100 Milliarden in diesem (vom Bundestag beschlossenen Klima-)Fonds, wir brauchen (aber) 3,3 Billionen in den nächsten 25 Jahren. (..) Dann kommt man zwangsläufig dazu, dass der private Kapitalmarkt es finanzieren muss. (..) Wenn wir die Bedingungen dafür nicht anpacken, (..) dann wird es nichts aus dieser Vision werden, dass unsere (fossile) Primärenergieabhängigkeit so stark fällt wie nötig. Und wir müssen das Energiepreisniveau in diesem Land in den Griff kriegen, weil wir sonst de-industrialisieren.“Was sind die Chancen der Transformation? – Eigendorf: „Natürlich ist das ein Geschäftsmodell. Wir können mit den knapp 2% CO-2-Emissionen weltweit keinen grossen Einfluss ausüben. Wir können aber eins sein: ein Vorbild für alle anderen Staaten und Volkswirtschaften, dass man eine solche Transformation gut hinbekommt. Dafür braucht es einen staatlichen Rahmen, der private Investitionen sehr attraktiv macht, (..) einen gemeinsamen europäischen Kapitalmarkt (..) und verlässlich höhere CO-2-Preise (..) Dann kriegen wir das hin“. – Beck bestätigt die Chancen: „Wir haben in Europa ein geiles Asset, nämlich den grössten Binnenmarkt der Welt. (..) Wir sind Vizeweltmeister im Bereich Umwelt- und Klimatechnologien".
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    49:30

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Über Tim Guldimann - Debatte zu Dritt

Der Podcast von Tim Guldimann nimmt aus Politik und Gesellschaft relevante Fragen auf, die über die Tagesaktualität hinausgehen. Die prominenten Gesprächspartner – jeweils eine Frau und ein Mann – sind selbst im Themenbereich aktiv tätig. Monatlich werden laufend zwei neue Debatten aufgenommen. Tim Guldimann leitete Friedensmissionen im Kaukasus und Balkan, war Schweizerischer Botschafter in Teheran und Berlin und war danach bis 2018 Schweizerischer Parlamentsabgeordneter.
Podcast-Website

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Generated: 7/5/2025 - 11:36:52 PM