Partner im RedaktionsNetzwerk Deutschland
PodcastsBildungDer ip courses Podcast für europäisches Patentrecht

Der ip courses Podcast für europäisches Patentrecht

Gerd Hübscher, Michael Stadler, Lukas Fleischer
Der ip courses Podcast für europäisches Patentrecht
Neueste Episode

Verfügbare Folgen

5 von 39
  • T 493/23 - Gewinderohrverbindung (Zwischenverallgemeinerung / Anwendung G 1/15)
    In dieser Folge sprechen Michael Stadler und Lukas Fleischer über die Entscheidung T 493/23 einer Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts aus dem Jahr 2025, die eine Beschwerde gegen eine Entscheidung einer Einspruchsabteilung zum Gegenstand hat. Die Erfindung stammt aus dem Bereich der Rohölbohrtechnik der Rohölbohrtechnik und betrifft die Verbindung zweier Rohre mittels einer Gewindehülse. Konkret ist die geometrische Form der Außengewinde der Rohrenden und der Innengewinde der Hülse beansprucht, wobei die Gewindenuten der Gewinde abschnittsweise eine variable Breite aufweisen. Das soll eine verbesserte Drehmomentübertragung gewährleisten. In der Entscheidung werden zwei unterschiedliche Aspekte von Zwischenverallgemeinerungen diskutiert: Einerseits eine Zwischenverallgemeinerung gegenüber der Prioritätsanmeldung, was gemäß der Entscheidung G 2/98 zu einem Prioritätsverlust führt, sodass ein eigenes älteres Recht zum Stand der Technik nach Art 54 (3) EPÜ wurde und neuheitsschädlich war. Andererseits wurde eine Zwischenverallgemeinerung der erteilten bzw. im Einspruchs-Beschwerde-Verfahren geänderten Fassung gegenüber der ursprünglich eingereichten Fassung behandelt, was ein klassisches Art 123 (2) EPÜ Problem darstellt. Ein interessanter Teilaspekt betrifft den Versuch der Anwendung der Entscheidung G 1/15 (diskutiert in Folge 8 und Folge 9 dieser Staffel des Podcasts): Die Patentinhaberin versuchte die Nichtaufnahme eines Teilmerkmals aus der Beschreibung in Form eines artifiziellen generischen ODER Anspruchs darzustellen, um sich gegenüber dem älteren Recht abzugrenzen. Die Kammer ließ dies jedoch nicht zu, da es kein entsprechendes Merkmal in den Ansprüchen gab, die eine Abstrahierung erlaubt hätten (bei der G 1/15 war das später verallgemeinerte Merkmal bereits in den Ansprüchen der Prioritätsanmeldung vorhanden). Als Denkanstoß wird kurz andiskutiert, ob - anstatt sich auf eine Teilpriorität im Sinne der G 1/15 zu berufen - nicht auch ein Disclaimer im Sinne der G 1/03 (diskutiert in Folge 17 und Folge 18 dieser Staffel des Podcasts) möglich gewesen wäre, um sich gegenüber dem älteren Recht abzugrenzen. Im Endeffekt wurde eine Fassung der Ansprüche von der Patentinhaberin ins Verfahren eingeführt, dass die Priorität gültig beanspruchte und keine Zwischenverallgemeinerung enthielt. Nachdem dieser Anspruch für neu und erfinderisch befunden wurde, wurde das Patent in beschränktem Umfang aufrecht erhalten.
    --------  
    20:55
  • R 3/15 - Fernrohr (Rechtliches Gehör / Überprüfungsverfahren)
    In dieser Folge sprechen Gerd Hübscher und Michael Stadler über die Entscheidung R 3/15 der großen Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts aus dem Jahr 2017, die einen Überprüfungsantrag gegen eine Entscheidung einer Beschwerdekammer zum Gegenstand hat. R-Entscheidungen betreffen keine allgemeinen Rechtsfragen, sondern konkrete Verfahrensfehler in Einzelfällen. Sie sind kein Ersatz für eine dritte Instanz, sondern dienen der Wahrung grundlegender Verfahrensrechte. Die Erfindung betraf ein Fernrohr, das sowohl große Vergrößerung und ein weiteres Sichtfeld ermöglicht. Die technischen Merkmale wurden später im Prüfungsverfahren deutlich präzisiert und eingegrenzt. Drei große Unternehmen legten Einspruch gegen das Patent ein und trugen umfangreiches Material zum Stand der Technik vor. Nach intensiver Auseinandersetzung blieb das Patent in eingeschränkter Form auf Grundlage eines Hilfsantrags bestehen. Mehrere Parteien führten das Verfahren vor der Beschwerdekammer weiter, wobei auch neue Dokumente und Anspruchsfassungen eingebracht wurden. Formale Fehler im Umgang mit verspäteten Anträgen und eine andere - dem Inhaber bis zur Entscheidung unbekannte - Auslegung einzelner technischer Merkmale führten letztlich zum Widerruf des Patents. Die Patentinhaberin stellte einen Antrag auf Überprüfung wegen Verletzung rechtlichen Gehörs. Die Große Beschwerdekammer erkannte einen schwerwiegenden Verfahrensmangel und hob die Entscheidung der Beschwerdekammer auf. Nach der Aufhebung durch die Große Kammer wurde das Verfahren formal wieder aufgenommen. Kurz darauf zogen alle Beteiligten ihre Beschwerden und Einsprüche zurück, das Patent blieb in beschränkter Form bestehen. Das Überprüfungsverfahren ist ein eng begrenztes und selten erfolgreiches Rechtsmittel. Nur in absoluten Ausnahmefällen, wie hier bei R 3/15, führt es zur Aufhebung einer Entscheidung.
    --------  
    21:40
  • G 1/03 - "Disclaimer" - Entscheidung
    In dieser zweiten und abschließenden Folge sprechen Lukas Fleischer und Michael Stadler über die verbundenen Entscheidungen G 1/03 und G 2/03 der Großen Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts aus dem Jahr 2004, wobei diese Episode die Leitsätze in Zusammenhang mit der Einführung von nicht ursprungsoffenbarten Disclaimern und die Auflösung der Ausgangsfälle behandelt. Auch diskutiert werden die unterschiedlichen Herangehensweisen in Zusammenhang mit der Abgrenzung von älteren Rechten, nämlich dem vom EPA nunmehr praktizierten Whole-Content-Approach und dem Prior-Claim-Approach. Zusammenfassung Die Große Beschwerdekammer kam zu dem Schluss, dass nicht ursprungoffenbarte (undisclosed) Disclaimer grundsätzlich möglich sind. Disclaimer kann man aus drei Gründen eingeführt werden, nämlich - um Neuheit gegenüber einem älteren Recht herzustellen, - um Neuheit gegenüber einer zufälligen Vorveröffentlichung herzustellen, und - um Gegenstände auszuklammern, die aus nichttechnischen Gründen vom Patentschutz ausgeschlossen sind. Unter einer zufälligen Veröffentlichung versteht man eine Veröffentlichung, die so unerheblich für die beanspruchte Erfindung ist und so weitab von ihr liegt, dass sie der Fachmann bei der Erfindung nicht berücksichtigt hätte, jedoch kommt dies in der Praxis äußerst selten vor. Ein Disclaimer darf weiters nicht mehr ausschließen als unbedingt erforderlich und muss klar sein. Ausgang der Vorlagefälle: Im ersten Vorlagefall (beschichtetes Glassubstrat) wurde die Zufälligkeit des Stand der Technik Dokuments verneint, sodass kein Disclaimer zulässig war. Die Patentinhaberin musste auf eine herkömmliche Einschränkung zurückgreifen und Schichtzusammensetzungen aus dem Anspruch streichen, konnte so aber das Patent in beschränktem Umfang - aber ohne Disclaimer - verteidigen. Im zweiten Vorlagefall (HIV-Test) wurden insgesamt 12 undisclosed Disclaimer eingeführt, um sich vom älteren Recht abzugrenzen. Diese Disclaimer wurden auch als zulässig angesehen, jedoch wurde der derart beschränkte Anspruch als nicht neu befunden. Auch in diesem Fall konnte das Patent durch entsprechende Änderungen des Anspruchs ohne Disclaimer aufrecht erhalten werden. Leitsätze I. Die Änderung eines Anspruchs durch die Aufnahme eines Disclaimers kann nicht schon deshalb nach Artikel 123 (2) EPÜ abgelehnt werden, weil weder der Disclaimer noch der durch ihn aus dem beanspruchten Bereich ausgeschlossene Gegenstand aus der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung herleitbar ist. II. Die Zulässigkeit eines in der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung nicht offenbarten Disclaimers ist nach folgenden Kriterien zu beurteilen: II.1 Ein Disclaimer kann zulässig sein, wenn er dazu dient: - die Neuheit wiederherzustellen, indem er einen Anspruch gegenüber einem Stand der Technik nach Artikel 54 (3) und (4) EPÜ abgrenzt; - die Neuheit wiederherzustellen, indem er einen Anspruch gegenüber einer zufälligen Vorwegnahme nach Artikel 54 (2) EPÜ abgrenzt; eine Vorwegnahme ist zufällig, wenn sie so unerheblich für die beanspruchte Erfindung ist und so weitab von ihr liegt, daß der Fachmann sie bei der Erfindung nicht berücksichtigt hätte; und - einen Gegenstand auszuklammern, der nach den Artikeln 52 bis 57 EPÜ aus nichttechnischen Gründen vom Patentschutz ausgeschlossen ist. II.2 Ein Disclaimer sollte nicht mehr ausschließen, als nötig ist, um die Neuheit wiederherzustellen oder einen Gegenstand auszuklammern, der aus nichttechnischen Gründen vom Patentschutz ausgeschlossen ist. II.3 Ein Disclaimer, der für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit oder der ausreichenden Offenbarung relevant ist oder wird, stellt eine nach Artikel 123 (2) EPÜ unzulässige Erweiterung dar. II.4 Ein Anspruch, der einen Disclaimer enthält, muß die Erfordernisse der Klarheit und Knappheit nach Artikel 84 EPÜ erfüllen.
    --------  
    23:24
  • G 1/03 - "Disclaimer" - Vorlagefrage
    In dieser Folge sprechen Lukas Fleischer und Michael Stadler über die verbundenen Entscheidungen G 1/03 und G 2/03 der Großen Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts aus dem Jahr 2004, die unter dem Schlagwort "Disclaimer" bekannt geworden ist. Diese Entscheidungen beschäftigen sich mit der Frage ob und vor welchem rechtlichen Hintergrund nicht ursprungsoffenbarte Disclaimer, sogenannte "undisclosed diclaimer", zulässig sind. erster Vorlagefall: beschichtetes Glassubstrat Die dem ersten Vorlagefall zugrunde liegende Erfindung betrifft ein mit einem Metallfilm und einer Schutzschicht beschichtetes Glassubstrat, wobei die Beschichtung dazu dient, eine hohe Temperaturbeständigkeit ohne Verlust der optischen Eigenschaften zu erreichen. Im Einspruchsverfahren wurde ein Stand der Technik Dokument herangezogen, das metallische Beschichtungen offenbarte, deren Zusammensetzung unter den Anspruch fielen, obwohl die Beschichtungen auf einem Glassubstrat aufgebracht waren, um eine Goldfärbung mit möglichst günstigen Materialien zu erreichen. Der Patentinhaber versuchte sich dadurch abzugrenzen, dass er einen nicht ursprungsoffenbarten Disclaimer einführte, um genau die vorgehaltenen neuheitsschädlichen Kombinationen aus dem Stand der Technik auszuschließen. Dabei berief er sich auf das in der Rechtsprechung geschaffene Rechtsinstitut der "zufälligen Vorveröffentlichung". Im Beschwerdeverfahren wurde die grundsätzliche Zulässigkeit der undisclosed Disclaimer im Lichte der unterschiedlichen Rechtsprechungslinien, insbesondere im Hinblick auf die Problematik mit Art 123 EPÜ, in Frage gestellt, was zur ersten Vorlage führte. zweiter Vorlagefall: HIV-Test Dem zweiten Vorlagefall liegt ein Test zur Erkennung von AIDS-bezogenen Krankheiten, konkret die Verwendung synthetischer Peptide zur Virus- oder Antikörperdetektion, als Erfindung zugrunde. Im Einspruchsverfahren wurde ein älteres Recht, also Stand der Technik nach Art 54 (3) EPÜ, eingeführt, das neuheitsschädlich für das erteilte Patent war. Auch hier versuchte sich der Patentinhaber durch nicht ursprungsoffenbarte Disclaimer von dieser Vorveröffentlichung abzugrenzen. Da bereits die Vorlagefragen aus dem ersten Fall bekannt waren, ergänzte die hier vorlegende Beschwerdekammer lediglich die zusätzliche Frage, ob ein nicht ursprungsoffenbarter Disclaimer zur Abgrenzung von einem älteren Recht zulässig ist.
    --------  
    16:43
  • T 547/14 - Schimmelpilzbildung (Technizität / Ausschlussgründe)
    In dieser Folge sprechen Gerd Hübscher und Fabian Haiböck über die Entscheidung T 547/14 einer Technischen Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts vom Jahr 2020, die eine Beschwerde gegen eine Entscheidung einer Prüfungsabteilung zum Gegenstand hat. Erfindung Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Vorhersage von Schimmelpilzbildung auf Gegenständen. Dabei werden: - Temperatur- und Feuchteverläufe auf einem Objekt bestimmt, - der Wassergehalt einer Spore auf dem Objekt gemessen und - überprüft, ob der Wassergehalt den Grenzwert für Auskeimung oder Wachstum erreicht. Die Parameter können experimentell oder computergestützt ermittelt werden. Verfahren: Im Prüfungsverfahren erhob die Prüfungsabteilung Einwände: - Der Anspruch umfasse sowohl computergestützte als auch experimentelle Verfahren. - Die Schritte ohne Computerunterstützung seien reine intellektuelle Tätigkeiten und damit nach Art. 52 EPÜ vom Patentschutz ausgeschlossen. - Ein weiteres Argument war, dass die Bestimmung des Wassergehalts der Spore rein biologischer Natur sei und somit ebenfalls nicht technisch. Relevante Punkte der Entscheidung: 1. Technischer Charakter der Erfindung: Die Beschwerdeführerin argumentierte erfolgreich, dass: - die experimentelle Bestimmung von physikalischen Größen (Temperatur, Feuchtigkeit, Wassergehalt) technische Mittel voraussetzt, - die Biologie als angewandte Naturwissenschaft grundsätzlich technischer Natur ist. Die Beschwerdekammer folgte dieser Argumentation vollständig. 2. Erfinderische Tätigkeit und Rückverweisung: Da die Prüfungsabteilung angenommen hatte, es gebe keine technischen Merkmale, wurde auch keine Recherche zum Stand der Technik durchgeführt. Die Kammer stellte klar, dass: - alle Merkmale technisch sind, - somit eine Recherche zwingend erforderlich ist, - das Verfahren zur weiteren Prüfung an die Prüfungsabteilung zurückverwiesen wird. Ausgang des Verfahrens Nach der Zurückverweisung wurde fast umgehend ein Patent erteilt, wobei die zusätzlich von der Prüfungsabteilung recherchierten Stand der Technik Dokumente lediglich in der Mitteilung nach R 71 (3) EPÜ erwähnt wurden. So gab es nach einem sechsjährigen Beschwerdeverfahren im Prüfungsverfahren doch noch ein Happy End für die (nun) Patentinhaberin.
    --------  
    15:03

Weitere Bildung Podcasts

Über Der ip courses Podcast für europäisches Patentrecht

Der IP Courses Podcast bietet tiefgehende Einblicke und praxisorientiertes Wissen im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes. In unseren Episoden behandeln wir aktuelle Themen aus dem europäischen und internationalen Patentrecht, dem Markenrecht und Designschutz. Besonders richten wir uns an Berufseinsteiger, Unternehmer und Fachleute, die sich auf Prüfungen wie die Europäische Eignungsprüfung (EQE) vorbereiten oder ihr Fachwissen vertiefen möchten.
Podcast-Website

Hören Sie Der ip courses Podcast für europäisches Patentrecht, Fake Busters und viele andere Podcasts aus aller Welt mit der radio.at-App

Hol dir die kostenlose radio.at App

  • Sender und Podcasts favorisieren
  • Streamen via Wifi oder Bluetooth
  • Unterstützt Carplay & Android Auto
  • viele weitere App Funktionen
Rechtliches
Social
v7.18.3 | © 2007-2025 radio.de GmbH
Generated: 6/1/2025 - 7:16:01 PM