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BackstageClassical

Axel Brüggemann
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  • Guten Morgen, Generalmusikdirektoren!
    Die Generalmusikdirektoren (GMD) in Deutschland fühlen sich in ihrer beruflichen Position zunehmend unter Druck. Bei ihrer Konferenz in Berlin äußerten die Dirigenten Eckehard Stier und Marcus Bosch Kritik an den aktuellen Machtverhältnissen und Vertragsbedingungen an einigen Stadttheatern. Sie sehen den Berufsstand in einer »großen Transformation«. Ein zentraler Kritikpunkt ist laut den GMD die zunehmende Praxis, Generalmusikdirektoren mit einem Vertrag nach dem Normalvertrag (NV) Bühne zu verpflichten. Die Konferenz der Generalmusikdirektorinnen und Generalmusikdirektoren hat am 1. Mai beschlossen, dass diese Praxis keineswegs der tatsächlichen Tätigkeit der GMDs entspricht. Eckehard Stier bezeichnete den NV Bühne für GMDs als einen »Knebelvertrag«, in dem im Endeffekt gar nichts über die Verantwortung des GMDs stehe. Dieser Vertrag bilde weder den Arbeitsumfang ab noch die notwendige Möglichkeit, den Dienstherrn adäquat zu vertreten, und symbolisiere keine Theaterleitung auf Augenhöhe. Die GMD fühlen sich nach den Worten von Marcus Bosch oft in einer »Sandwich-Position« wieder. Das tatsächliche Gefühl der allermeisten Kollegen sei eher ein Gefühl der »Ohmacht nach zwei Seiten«: Einerseits abhängig vom Orchester zu sein, bei Veränderungsvorschlägen aber schnell auf Ablehnung zu stoßen, andererseits Ängste gegenüber der Intendanz zu haben. Es gebe eine Verschiebung hin zu Machtverhältnissen, die nicht immer die tatsächliche Kompetenz berücksichtige, so Eckehard Stier. Man merke, dass der musikalische Einfluss zurückgedrängt werde, unter anderem durch die Vertragsform an der Spitze. Marcus Bosch beschrieb das Gefühl einer Kollegen, nur noch »dirigierender Dienstleister« zu sein. Früher hätten GMDs ein gewichtiges Wort bei Entscheidungen mitzureden gehabt, überall stehe heute das Letztentscheidungsrecht des Intendanten vor. Beispiele für exzessive Streitereien, etwa in Kassel oder Bremerhaven, zeigten, wie sich das Team oft zerfalle. Als möglichen Ansatz zur Verbesserung sehen Stier und Bosch die Erkenntnis in den Spitzen der Theater, Aufsichtsräten und der Politik, dass der derzeitige Theaterbetrieb an vielen Stellen nicht gut funktionieren könne. Es gehe nicht darum, die Orchesterordnung in Deutschland grundsätzlich zu ändern, was Gefahren für die 9.000 Orchestermusikerinnen und Musiker berge. Vielmehr müsse die Struktur der Leitung eines Hauses und die wirkliche Ausnutzung gegenseitiger Kompetenzen betrachtet werden. Marcus Bosch betonte, man müsse an den Ecken anfangen, wo man selber etwas ändern könne. Wichtig sei, dass Städte überlegen, was sie für ein Theater wollen und dann »Teams bauen und nicht Leute zusammenspannen«. Es gehe um eine Sensibilisierung. »Wir müssen sensibler miteinander umgehen und wir müssen gemeinsam an einem Strang ziehen«, fasste Bosch die Hoffnung zusammen. Eckart Stier ergänzte, dies sei der Idealfall und wäre gut. Die Debatte über die Rolle der Musik und der Orchester in den Stadttheatern und die Bedeutung, die ihren Leitern innerhalb der Strukturen gegeben werden soll, sei noch offen und werde weiter ausdebattiert.
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    16:49
  • Takt&Taktlos: Der neue Kulturkonservativismus und »Weimer der Elefant«
    Dieses ist der erste Podcast Takt und taktlos von Hannah Schmidt und Axel Brüggemann. Ein Geburtstagsgeschenk zum einjährigen Bestehen von BackstageClassical. Das Format wird ab sofort einmal im Monat aktuelle Themen der Klassikwelt diskutieren. Wir haben den Podcast vor dem Rücktritt von Joe Chialo aufgenommen – ein großes Thema der ersten Folge ist die Ernennung von Wolfram Weimer zum neuen Kulturstaatsminister der Bundesregierung, als Nachfolger von Claudia Roth. Schmidt seziert Aussagen aus seinem Buch »Das konservative Manifest«. Im Vergleich zur Kulturpolitik in Berlin und München, scheint Hamburg ein Paradies zu sein: Der Kulturetat wird um 11% gesteigert. Das Projekt eines neuen Opernhauses, finanziert von Unternehmer Kühne, erregt dagegen Zweifel bei Schmidt und Brüggemann: Problematisch sei die Finanzierung durch einen Milliardär, insbesondere aufgrund der unaufgearbeiteten Rolle seines Unternehmens in der NS-Zeit und der Wahl eines historisch belasteten Ortes für den Bau. Auch die kulturpolitische Situation in den USA unter Donald Trump wird debattiert. Trumps Übernahme des Kennedy Centers, die Entfernung demokratischer Mitglieder und die Streichung von »woken« Stücken werden kritisiert. Es wird diskutiert, ob europäische Musiker die USA boykottieren sollten. Ein weiteres Thema ist der Niedergang der traditionellen Opern-, Konzert- und Klassikkritik. Der Beruf des fest angestellten Kritikers, der europaweit unterwegs ist, existiert in dieser Form kaum noch. Das ist nicht unbedingt schlimm, finden Schmidt und Brüggemann, da der ästhetische Diskurs sich verlagert habe und Veranstalter sowie Journalistinnen und Journalisten gerade neue, spannende Formen finden. Der Rückgang wird als »eiskalte Rechnung« der Verlage gesehen. Die Debatte um Triggerwarnungen an Theatern wird als Stellvertreterdiskussion für tiefere Verlustängste und die Angst vor gesellschaftlichem Wandel interpretiert. Es gehe nicht um die Hinweise selbst, sondern um die Angst vor Veränderung und den Verlust von Deutungshoheit im Diskurs, da nun auch bisher unsichtbare Lebensrealitäten auf der Bühne sichtbar gemacht und benannt werden. Schließlich beleuchtet die Diskussion über die »alte weiße Rechte« und die »neue junge Rechte«, wie der Verlust alter Machtpositionen kompensiert wird. Während die alten Reaktionäre angeblich in die 1960er Jahre zurück wollen, wird befürchtet, dass die junge Rechte eine noch radikalere und unmenschlichere Welt anstrebt, möglicherweise brutaler, da sie die Konsequenzen vergangener Zeiten nicht erlebt hat.
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    46:51
  • Guten Morgen, Steven Walter!
    Steven Walter, Intendant der Beethovenfeste Bonn und deutsch-amerikanischer Doppelstaatsbürger, gibt nach einem Thomas Mann-Fellowship in den USA Einblicke in die Musikgesellschaft und das politische Klima in Zeiten von Donald Trump. Er berichtet über ein Land, das von vielen in der Kulturszene als »gehijacked« empfunden wird. In der US-Kultur gebe es eine Mischung aus Schockstarre, Angst und »Soul Searching« bezüglich Themen wie »Wokeness«. Trotz Fragmentierung der Linken sieht Walter Anzeichen für zunehmenden Protest und bessere Organisation. Die Kulturförderung sei in den USA stärker privat und weniger staatlich als in Deutschland. Diese Staatsferne schütze zwar vor direktem staatlichem Zugriff, ermögliche aber auch politische Einflussnahme durch Stiftungen. In Deutschland sei staatliche Förderung nötig, müsse aber Kunstfreiheit und Distanz wahren. Walter und Gesprächspartner diskutieren einen möglichen »Backlash« gegen linke Kulturprojekte, der mit einer Entkopplung von Lebensrealitäten zusammenhängen könnte. Er sieht politische Phänomene wie den Trumpismus auch als kulturelles Problem, basierend auf Gefühlen von Abgehängtheit. Walter beobachtete zudem eine gesellschaftliche »Anästhesierung«, der Kultur durch Bedeutung entgegenwirken könne. Am teilweise bundesfinanzierten Kennedy Center kam es nach Trumps Amtsantritt schnell zu politischer Einflussnahme und Entlassungen. Liberale Geldgeber zogen sich teils zurück. Langfristig bleibt Walter wegen einer starken Zivilgesellschaft in den USA optimistisch. Seine Reise inspirierte ihn unter anderem durch offene, Post-Genre-Ansätze und die amerikanische Servicekultur.
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    34:20
  • Good Morning, Chen Reiss!
    Die israelische Sopranistin Chen Reiss sieht wachsende Schwierigkeiten für jüdische Künstler und beklagt eine spürbare Vorsicht bei Veranstaltern, Programme mit Musik jüdischer Komponisten anzusetzen. Anlass ist ihr neues Album »Jewish Vienna«, das Musik von Alexander Zemlinsky, Erich Wolfgang Korngold und Josephine Winter enthält. »Wir erleben Antisemitismus überall«, sagte Reiss in einem Interview mit BackstageClassical über die aktuelle Situation weltweit. Sie spricht von unsicheren und instabilen Zeiten, besonders für Juden. Die Künstlerin, deren Großeltern 1939 aus Europa fliehen mussten, empfindet die Gegenwart als besorgniserregend und weiß nicht, wohin man diesmal fliehen solle. Selbst Deutschland, das sie einst als sicher empfand, könne sie heute nicht mehr als solches bezeichnen. Die aktuelle politische Lage wirke sich auch auf ihre Arbeit aus, berichtet Reiss. Während Kollegen meist aufgeschlossen seien, zeigten sich einige Veranstalter zurückhaltend. »Einige Veranstalter sind vorsichtig geworden, ein jüdisches Programm zu planen«, so Reiss. Die Furcht gelte Demonstrationen oder Empörung des Publikums. Manche hätten ihr offen gesagt, dass ihr Projekt Jewish Vienna zwar fabelhaft sei, sie angesichts des politischen Umfelds aber lieber etwas anderes singen solle. Reiss betont, dass das Album nichts mit Israel zu tun habe. Die Stücke seien alle vor der Staatsgründung Israels 1948 komponiert worden; die meisten der Komponisten seien sogar vorher gestorben. Sie singe Musik von jüdischen Komponisten, die in Wien wirkten – einer Stadt, die Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts ein einzigartiges Zentrum für Kunst, Intellekt und Musik war. Es handele sich um europäische Musik, die aus dieser Tradition erwachsen sei. Komponisten wie Zemlinsky, Korngold oder Gustav Mahler, auch wenn er konvertierte, waren tief in der Wiener Gesellschaft assimiliert. Das Album beleuchte nicht nur die Musik, sondern auch das Schicksal dieser Künstler. So starb Josephine Winter 1943 in Theresienstadt. Erich Wolfgang Korngold musste in die USA emigrieren und war gezwungen, Filmmusik zu schreiben, anstatt seine künstlerische Tradition fortzusetzen. Reiss spricht von einer durch die Verfolgung und Ermordung jüdischer Künstler unterbrochenen und zerstörten Tradition. Angesichts der heutigen Parallelen sei es deprimierend und melancholisch. Dennoch gebe es Grund zur Hoffnung, und es liege in der eigenen Hand, die Dinge zum Besseren zu wenden. Reiss sieht es als ihre Verantwortung als Künstlerin, aufzuklären. Sie ermutigt Veranstalter und empfindet die Aufmerksamkeit der Presse für das Thema als positiv. Die Zuhörer klassischer Musik seien zudem oft ein anderes Publikum als die Demonstranten auf der Straße. Entscheidend sei es, die junge Generation zu bilden und die Geschichten zu erzählen, was geschehen ist und heute geschieht, aus einer humanitären Perspektive. Es gehe darum, Dialog zu schaffen und Menschen zu ermutigen, Informationen kritisch zu hinterfragen. Reiss wird demnächst weltweit mit Korngold-, Schreker- und Mahler-Liedern auftreten.
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    31:47
  • Guten Morgen, Nikolaus Pont!
    Nikolaus Pont, der Intendant des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks (BRSO), hat sich besorgt über mögliche Kürzungen in der Kulturberichterstattung der Süddeutschen Zeitung (SZ) geäußert. In einem Brief an Veranstalter in und um München habe er seine Befürchtungen zum Ausdruck gebracht und um Sensibilisierung für dieses Thema gebeten. Pont bestätigte in einem Gespräch mit dem Podcast von Backstage Classical einen entsprechenden Informationsaustausch mit Kollegen im Münchner Veranstalterkreis. Er sei überrascht gewesen von der Information, dass Konzertrezensionen in der SZ deutlich reduziert werden sollen. Dies habe ihn dazu bewogen, die betroffenen Personen zu informieren, da er dies als einen »kompletten Richtungswechsel« ansehe. Der BRSO-Intendant betonte, dass dieser Trend einer Schwächung der Kulturkritik nicht nur ein lokales Problem Münchens sei, sondern gesamtgesellschaftlich beobachtet werden könne. Er sehe darin eine Parallele zu einem allgemeinen Wandel im Medienkonsum und der Bewertung von Nachrichten. Gleichzeitig hob er die »privilegierte« Situation Münchens hervor, die bisher von einer vergleichsweise breiten Medienlandschaft mit regelmäßigen Rezensionen klassischer Konzerte geprägt gewesen sei. Namen wie Joachim Kaiser und Wolf-Eberhard von Lewinski seien eng mit der Musikkritik der Süddeutschen Zeitung verbunden. Pont wies darauf hin, dass die Bedeutung der klassischen Musik in der Gesellschaft möglicherweise abnehme, was sich auch im Medieninteresse widerspiegele. Er fragte, ob der Wert von Konzertrezensionen tatsächlich deshalb geringer eingeschätzt werden könne, nur weil sie weniger gelesen würden. Seiner Ansicht nach spiele eher eine Rolle, wie Medien generell die Bedeutung von Inhalten bewerten, die nicht zu den Top-Klickzahlen gehören. Es wäre »zu kurz gegriffen« zu behaupten, früher hätten sich die Menschen massenhaft für Konzertkritiken interessiert und heute niemanden mehr. Gleichzeitig beobachtet Pont, dass Kulturinstitutionen zunehmend selbst zu Medien werden, etwa durch Social-Media-Aktivitäten und die Inszenierung von Diskursen, beispielsweise durch Kritikergespräche nach Aufführungen. Er warnte jedoch vor einer reinen »Selbstinszenierung«, bei der man primär versuche, sich selbst ins Gespräch zu bringen, und dabei die Seriosität verlieren könne. Trotz der veränderten Medienlandschaft hält Pont die »kritische und zwar sehr kritische« Auseinandersetzung mit dem Kulturgeschehen für essentiell, gerade für öffentlich finanzierte Institutionen wie das BRSO. Es gehe darum, dass das, was in den Konzerten passiere, von einer relevanten Anzahl von Menschen beachtet, beobachtet und eben auch durch öffentliche Gelder mitfinanziert werde. Er kämpfe weiterhin darum, dass Medien wie die Süddeutsche Zeitung die Relevanz ihrer Arbeit so einschätzen, dass sie regelmäßig darüber berichten. Dies habe nichts mit einem »krampfhaften Festhalten an dem, was mal war« zu tun, aber dieser Aspekt dürfe nicht aus den Augen verloren werden. Mit Blick in die Zukunft räumte Pont ein, dass eine präzise Vorhersage schwerfalle. Klar sei jedoch, dass es nicht so bleiben werde wie bisher. Kulturveranstalter müssten den »richtigen Mittelweg finden zwischen dem direkten Weg zu unserem Publikum und unserem auch potenziellen Publikum«. Eine verbesserte Öffentlichkeitsarbeit und ein besseres Kennenlernen des Publikums, etwa durch Customer-Relationship-Management-Systeme (CRM), seien notwendig. Gleichzeitig müsse die Qualität des Kerngeschäfts, also der Konzerte selbst, erhalten bleiben.
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    26:16

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Über BackstageClassical

Der Podcast von BackstageClassical.com – Der Musikjournalist Axel Brüggemann trifft in unregelmäßigen Abständen die Player der klassischen Musik und redet, kurz oder lang, über Themen, die die Welt der Musik bewegen: Oper, Konzert und Bühne.
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