Johannes Gasser - Vom Landtag in den Nationalrat
(07:10) Bester Funfact zum Unterschied zwischen Nationalrats- und Landtagssitzungen: Im Landtag Vorarlberg gibt es Pausen, um zum Mittag- und Abendessen zu gehen.
(09:30) Ich habe als Mitarbeiter im Nationalratsklub viele Reden für Abgeordnete geschrieben, und es ist etwas ganz anderes, wenn man diese Reden selber halten muss, weil man plötzlich die Reaktionen selber abbekommt.
(09:50) Ich bin ein bisschen vom Gas gegangen und habe mir dann gedacht, dass ich die Reden, die ich früher für Abgeordnete geschrieben habe, in dieser Tonalität selber nicht halten könnte.
(10:58) Die Bevölkerung hat gegenüber Abgeordneten eines Landtages die Erwartungshaltung, dass sie näher bei den Bürgerinnen und Bürgern sind.
(12:28) Das Aufstehen und der gewohnte Habitus, den man am Morgen und am Abend hat – wenn dieser nicht da ist, dann ist es schon ein Unterschied, der auch die politische Arbeit und die Performance beeinflusst.
(13:18) Auf Bundesebene werden die großen Stellhebel, wie Gesetze, betätigt. Auf Landesebene sind es zwar nicht die großen Stellhebel, aber die Entscheidungen und Maßnahmen, die dort auf den Weg gebracht werden, sind viel schneller und konsequenter sichtbar.
(13:36) Viele Dinge, die im Landtag besprochen werden, haben beispielsweise eine direkte Auswirkung auf meine Nachbarin, wenn zum Beispiel der Anspruch auf Kinderbetreuung umgesetzt wird.
(13:49) Die Ausgestaltung eines Gesetzes auf Landesebene hat viel mehr Auswirkungen, als wenn ich auf Bundesebene an dem einen oder anderen Steuersatz etwas ändere.
(13:59) Eine Entscheidung auf Bundesebene ist vielleicht für jeden spürbar, aber eine Entscheidung auf Landesebene zeigt sich in der täglichen Gestaltung des Alltags.
(14:05) Die Unmittelbarkeit der politischen Entscheidungen ist auf Landesebene deutlicher sichtbar.
(17:24) Ich glaube, es ist ganz wesentlich für Politikerinnen und Politiker, transparent damit umzugehen, wie sie arbeiten und zu erklären, was sie eigentlich tun.
(18:02) Mein Wechsel vom Landtag in den Nationalrat war auch der Wechsel von einem Oppositionspolitiker zu einem Politiker einer Regierungspartei.
(18:14) Als Oppositionspartei hat man den "Luxus", zu kritisieren, wenn bestimmte Sachen nicht schnell genug passieren, und dadurch auch Druck zu machen. Als Regierungspartei hat man oft die Situation, dass man weiß, woran es gerade hängt.
(18:38) Der Kern einer Koalition ist, dass man auch gemeinsam Lösungen finden muss und Kompromisse schließen muss, und nicht die Extrempositionen einer einzelnen Partei durchgehen können.
(24:42) Es gehört ein gewisser Arbeitsethos als Politiker dazu und auch das Gefühl, dass man eine riesige Verantwortung trägt.
(24:56) Ich möchte allen, die sich politisch engagieren möchten, mitgeben, dass man sich anschauen muss, wie verschiedene politische Ebenen in Themen hineinwirken.
(25:24) Ich kenne die Gemeindebene als Vorsitzender des Arbeits- und Sozialausschusses in meiner Heimatgemeinde, ich kenne die Landesebene und ich kenne die Bundesebene sehr gut. Ich habe daher gelernt, wie Entscheidungen, die auf einer Ebene getroffen werden, eine Wirkung auf viele verschiedene andere haben.
(27:17) Ich finde es sehr wichtig, ein Verständnis für die Positionen anderer zu entwickeln.
(27:29) Das Verständnis für die Positionen anderer kann in Koalitionsverhandlungen sehr helfen, vor allem, wenn das Gegenüber mit dem gleichen Verständnis am Tisch sitzt.
(28:43) Bei Plenarsitzungen ist der Fokus darauf, sich gegenseitig die eigene Position auszurichten und nicht ein Verständnis für den anderen zu entwickeln.
(30:43) In der Kompromissfindung ist es aber trotzdem wichtig, sich im Kompromiss auch wiederzufinden.
(33:49) Es wurde oft das Gefühl vermittelt, die Politik ist dort oben und trifft Entscheidungen, aber meines Erachtens ist jede und jeder Teil der Politik. Diese Diskrepanz zwischen denen, die dort oben die Politik machen, und denen, die hier unten sind, muss ich auflösen.
(34:37) Der kurzfristige Blick auf den nächsten Wahltag is