Melanom: Die Therapierevolution (Teil 2)
Der "Auflicht Podcast" widmet sich der revolutionären Transformation der Melanomtherapie und beleuchtet den Wandel von weitgehend ineffektiver Chemotherapie hin zu bahnbrechenden Immuntherapien und zielgerichteten Kinase-Inhibitoren. Professor Christoph Höller, ein führender Experte in der dermato-onkologischen Forschung und Therapie, teilt dabei persönliche "AHA-Erlebnisse" aus seiner 25-jährigen Karriere, die den dramatischen Einfluss dieser Fortschritte unterstreichen.Von der "Sterbebegleitung" zur Langzeitüberlebenskurve:Frühe Chemotherapien wie Dacarbazin und Fotemustin waren oft als "Sterbebegleitung mit Chemotherapie" zu bezeichnen. Das mittlere Gesamtüberleben für Patienten im Stadium IV lag zwischen 6 und 12 Monaten. Das Aufkommen von Ipilimumab (einem CTLA-4-Antikörper) markierte den ersten großen Durchbruch. Es bot erstmals ein "Überlebensplateau", das etwa 20 % der Patienten erreichten. Es folgten PD-1-Antikörper, die das Langzeitüberleben auf etwa 35-40 % steigerten.Die Kombination von Immuntherapien (CTLA-4 + PD-1) führt nun zu einer weiteren Steigerung des melanomspezifischen Überlebens auf über 50% nach 10 Jahren. Zielgerichtete Therapien: Der "Lichtschalter"-Moment:Die Entwicklung von BRAF/MEK-Inhibitoren für BRAF-mutierte Melanome (die bei 40-50 % der Patienten vorliegen) bietet eine unglaublich schnelle Tumorschrumpfung."Wie wenn man dem Tumor den Lichtschalter abtritt", was zu initialen Ansprechraten von über 90 % führt. Obwohl die Monotherapie eine rasche Resistenz (mittlere Zeit bis zur Resistenz ca. 6 Monate) zeigte, können Kombinationstherapien die Dauer des Ansprechens verlängern.Optimale Behandlungsstrategie bei metastasiertem Melanom (unbehandelt):Für unbehandelte, metastasierte Melanome ist die Immuntherapie (insbesondere die Kombinationstherapie) die klare Erstlinientherapie.Die zielgerichtete Therapie dient heute primär als "letzte Therapielinie" im metastasierten Setting da BRAF/MEK-Inhibitoren nach Immuntherapie eine vergleichbare Wirksamkeit wie in der Erstlinie aufweisen.Die Kraft der neoadjuvanten Therapie:Ein Paradigmenwechsel ist die neoadjuvante und perioperativen Therapie für operabel metastasierte Melanome. Der entscheidende Vorteil dieser Strategie ist, dass die Therapie zu einem Zeitpunkt erfolgt, wenn der Tumor und sein immunologisches Mikromilieu noch vorhanden sind, was eine robustere und effektivere Antitumor-Immunantwort induziert.Studien haben gezeigt, dass die Gabe von Immuntherapie vor der Operation zu einem signifikant besseren rückfallfreien Überleben führt (>20-30 % Verbesserung im Vergleich zur Operation gefolgt von adjuvanter Therapie).Wichtige Botschaft für Kliniker: Bei Verdacht auf Lymphknoten- oder In-Transit-Metastasen sollte zuerst eine Biopsie erfolgen, und wenn diese bestätigt ist und eine operable Situation vorliegt, muss neoadjuvante Immuntherapie vor der chirurgischen Entfernung eingeleitet werden. Adjuvante Therapie, Nutzen und Risiko abwägen:Für die adjuvante (postoperative) Behandlung minimaler Resterkrankung bieten sowohl zielgerichtete Therapien als auch Immuntherapien vergleichbare Langzeitvorteile hinsichtlich der Rückfallprävention.Es gibt jedoch Unterschiede im Nebenwirkungsprofil: Zielgerichtete Therapien haben häufigere, aber reversible Nebenwirkungen; Immuntherapien können seltene, aber potenziell schwere und bleibende immunvermittelte Nebenwirkungen verursachen.Dies erfordert eine ausgewogene Diskussion mit dem Patienten (Shared Decision Making). Österreichs Besonderheit:Österreichs einzigartiger Rechtsrahmen verpflichtet Ärzte gesetzlich, nach dem aktuellen Stand des medizinischen Wissens zu handeln.Dies ermöglicht Patienten in Österreich einen sehr frühen Zugang zur "aktuellsten, besten und neuesten Therapie", auch für Off-Label-Indikationen, die durch robuste wissenschaftliche Daten gestützt werden. Dies ist ein "Unikat" im internationalen Vergleich.